PR und Journalismus: zwei Welten, die sich oft kritisch gegenüberstehen und doch aufeinander angewiesen sind. Wie funktioniert diese besondere Beziehung? Wo profitieren sie voneinander und wo liegen die Grenzen?
Lange galt PR als heimlicher Strippenzieher des Journalismus – zu viel Einfluss, zu wenig Unabhängigkeit, so lautete der Vorwurf. Heute wird das Verhältnis differenzierter gesehen. Ein modernes Verständnis beschreibt PR und Journalismus nicht mehr als Gegner, sondern als Partner mit unterschiedlichen Interessen, die aber voneinander profitieren.
Die aktuelle Forschung spricht von einem „kooperativen Antagonismus“: PR und Journalismus stehen sich kritisch gegenüber, wissen aber, dass sie einander brauchen. In einer Welt mit Informationsüberfluss tauscht PR-Inhalte gegen Reichweite – und Journalismus erhält Zugang zu relevanten Themen. Doch worin genau liegen die Gemeinsamkeiten und wo verlaufen die Grenzen? Das klären wir in diesem Beitrag.
Exkurs: PR, PR-Arbeit oder Pressearbeit?
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig pauschal von „PR“ oder „Public Relations“ gesprochen. Fachlich ist jedoch eine genauere Differenzierung sinnvoll:
- PR-Arbeit bezeichnet die gesamte Bandbreite strategischer Kommunikation einer Organisation – von interner Kommunikation über Social Media bis zur Krisen-PR.
- Pressearbeit oder Medienarbeit ist ein Teilbereich der PR-Arbeit. Sie umfasst alle Maßnahmen, die auf eine Zusammenarbeit mit Print- und Online-Medien abzielen – etwa Pressemitteilungen, Statements oder Hintergrundgespräche.
PR und Journalismus: Gemeinsamkeiten
Aspekt | PR und Journalismus |
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Handwerkszeug | Beide nutzen ähnliche sprachliche Mittel zur Darstellung von Sachverhalten. |
Abhängigkeit voneinander | Beide Rollen sind in gewissem Rahmen aufeinander angewiesen, z. B. beim Austausch von Informationen. |
Glaubwürdigkeit | Beide müssen glaubwürdig und wahrhaftig kommunizieren, um akzeptiert zu werden. |
PR und Journalismus nutzen ähnliche Methoden: Sie bereiten Inhalte professionell auf, arbeiten sprachlich präzise und orientieren sich an Verständlichkeit und Glaubwürdigkeit. Beide sind aufeinander angewiesen – PR liefert Informationen, Journalismus ordnet sie ein und verbreitet sie weiter.
PR und Journalismus: Unterschiede
Aspekt | PR | Journalismus |
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Mandat/Aufgabe | Organisationales Mandat: Vertretung der Interessen einer bestimmten Organisation | Öffentliches Mandat laut Presserecht: Information, Kritik, Meinungsbildung im öffentlichen Interesse |
Zielgruppe | Zielgerichtet auf bestimmte Stakeholder oder Öffentlichkeiten | Allgemeinheit oder Teile davon |
Grundwerte | Parteilichkeit: Nutzen für die vertretene Organisation | Idealtypisch: Unabhängigkeit, Objektivität, journalistische Ethik |
Relevanz und Aktualität | Bewertet Relevanz aus Sicht der Organisation bzw. strategischer Kommunikationsziele | Orientiert sich an öffentlicher Relevanz und gesellschaftlicher Bedeutung |
Inhalte und Formate | Autorisierte Verlautbarungen: z. B. Pressemitteilungen, Statements, Stellungnahmen | Nachrichten, Reportagen, Kommentare, kritische Berichterstattung |
Selbstbild | Dient der Organisation | Journalismus als vierte Gewalt, kontrollierend und kritisch |
Journalismus dient der Öffentlichkeit, PR vertritt organisationsbezogene Interessen. Journalistinnen und Journalisten sollen unabhängig berichten, PR ist parteiisch. Auch bei der Bewertung von Relevanz und Aktualität verfolgen beide unterschiedliche Maßstäbe und genau das macht ihre Rollen klar unterscheidbar.
PR und Journalismus: wechselseitiger Nutzen
Seit den 1970er-Jahren hat sich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland stark verändert. Unternehmen, Behörden und Organisationen mussten lernen, mit kritischen Fragen aus der Öffentlichkeit und den Medien umzugehen und begannen deshalb, gezielter zu kommunizieren. Mit der Digitalisierung wurde PR immer professioneller: Eine einfache Pressemitteilung reicht heute oft nicht mehr aus. Stattdessen wird über viele Kanäle kommuniziert, zum Beispiel über Social Media, Events oder digitale Newsrooms.
Der Journalismus dagegen steht unter Druck: Redaktionen haben oft weniger Zeit, weniger Geld und konkurrieren mit schnellen, klickstarken Inhalten. Dadurch wird es schwieriger, unabhängig zu recherchieren und fundiert zu berichten.
Trotz oder gerade wegen dieser Entwicklungen sind Journalismus und PR heute eng miteinander verflochten:
- Journalist:innen nutzen PR-Arbeit als Quelle, etwa für Hintergrundinformationen, offizielle Aussagen oder die Einordnung von unternehmerischen Entscheidungen.
- PR wiederum braucht den Journalismus, um ihre Inhalte glaubwürdig in die Öffentlichkeit zu tragen. Journalist:innen wählen aus, ordnen ein und verleihen Informationen damit mehr Gewicht.
Das Verhältnis ist also ein Wechselspiel. Beide Seiten beeinflussen und passen sich gegenseitig an. So orientiert sich PR oft an den Regeln und Erwartungen journalistischer Arbeit, um in den Medien sichtbar zu werden. Pressetexte, Interviews oder Veranstaltungen sind entsprechend gestaltet, damit sie von Redaktionen aufgegriffen werden können.
Dieses Zusammenspiel funktioniert nur, wenn beide Seiten professionell arbeiten, ein Bewusstsein für ihre Rolle mitbringen und ein gewisses Maß an Vertrauen besteht. Im Sinne des kooperativen Antagonismus: Zusammenarbeit mit kritischer Distanz.
Das Zusammenspiel von PR und Journalismus zeigt: Zwei unterschiedliche Rollen können sich gegenseitig ergänzen. Ähnlich spannend ist auch das Verhältnis von PR und Marketing. Wo überschneiden sich die Aufgaben? Wo liegen die Unterschiede? Mehr dazu in unserem Beitrag „PR vs. Marketing – Zwei Disziplinen, ein gemeinsames Ziel?“