Das 29. Heidelberger Ernährungsforum zeigte, wie moderne Ernährungskommunikation Wissen wirksam macht: verständlich, glaubwürdig und nah an der Lebensrealität. Zwei Tage lang diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Institutionen und Medien, wie Information und Einfluss zusammenwirken und welche Chancen Social Media dabei bietet.

Das 29. Heidelberger Ernährungsforum der Dr. Rainer Wild Stiftung trug den Titel „Wissen. Macht. Ernährung. Ernährungskommunikation im Spannungsfeld von Information und Einfluss“. Treffender hätte man den Fokus der Veranstaltung kaum wählen können, denn genau dieses Spannungsfeld wurde zwei Tage lang deutlich pointiert. Während früher vor allem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Diskurs in Ernährungsfragen prägten, bestimmen heute zunehmend Algorithmen, Emotionen und Social Media, welche Inhalte Sichtbarkeit erhalten. Entsprechend rückten Fragen in den Mittelpunkt wie:
Wie gelingt Wissenschaftskommunikation im Themenfeld Ernährung heute? Und wie können Fachkräfte ihre Expertise so vermitteln, dass sie auch im digitalen Raum gehört wird?
Über alle Vorträge hinweg verband ein Leitgedanke die Diskussionen: Kommunikation soll befähigen und nicht bevormunden. Ernährungskommunikation verfolgt nicht das Ziel, Menschen etwas vorzuschreiben. Sie soll dazu beitragen, dass jedem Menschen ermöglicht wird, eigene und fundierte Ernährungsentscheidungen zu treffen. Dafür müssen Inhalte verständlich, relevant und dialogorientiert gestaltet sein. Zur Einordnung wurden auch klassische Grundlagen aus der Rhetorik angeführt. Aristoteles beschrieb beispielsweise folgende drei Elemente, die für überzeugende Kommunikation entscheidend sind:
- Logos – Argumente, Belege und fachliche Tiefe
- Pathos – Emotionen, die berühren und motivieren
- Ethos – Glaubwürdigkeit und Integrität der sprechenden Person
Gerade in Krisen (Krieg, Inflation, Pandemie, persönliche Krisen) oder Lebensphasen des Wandels (Pubertät, Beginn Ausbildung/Studium, Familiengründung) suchen Menschen Orientierung und sind dadurch empfänglich für neue Impulse. Dies kann Chance für gut aufbereitete Informationen und Risiko für eine höhere Zugänglichkeit für Fehlinformationen zugleich sein.
Impulse aus verschiedenen Institutionen wie der BLE, dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) und dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) zeigten, wie vielfältig Ernährungskommunikation inzwischen geworden ist. Erfolgreiche Kommunikation entsteht dort, wo Wissenschaft verständlich und lebensnah wird. Zahlen aus aktuellen Erhebungen unterstrichen diese Entwicklung. Viele Menschen informieren sich heute vor allem über das Internet und über soziale Medien. Besonders jüngere Zielgruppen holen sich ihre Ernährungstipps häufig online, während klassische Medien immer seltener genutzt werden.
Ernährungskommunikation: vom Vertrauen über Wissen zum Handeln
Gute Ernährungskommunikation soll komplexe Themen so aufbereiten, dass Menschen sie verstehen und in ihrem Alltag anwenden können. Sie muss sich jedoch an die veränderten Kommunikationswege anpassen. Soziale Medien gewinnen stetig an Bedeutung und beeinflussen die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden.
Mehrere Vorträge machten sichtbar, vor welchen Herausforderungen Fachkräfte stehen. Ein großer Teil der Bevölkerung nutzt soziale Medien, verfügt jedoch kaum über ausreichende Medienkompetenz, um gesundheitsbezogene Inhalte richtig einzuordnen. Besonders (aber nicht nur) die Generation Z informiert sich bevorzugt online. Viele junge Menschen orientieren sich an Ernährungstrends, die auf Plattformen wie TikTok vorgestellt werden, obwohl ganze 98 % der Videoinhalte nicht den offiziellen Ernährungsempfehlungen entsprechen. Auch die Ergebnisse der 3. Bayerischen Ernährungsstudie zeigten, dass viele Menschen ihr Ernährungswissen bevorzugt aus Quellen beziehen, die ihnen vertraut erscheinen. Familie, Freundeskreis und zunehmend auch Influencerinnen und Influencer spielen dabei eine zentrale Rolle. Dadurch, dass Letztere täglich in den Feeds präsent sind, entsteht eine Art freundschaftliche Beziehung – die natürlich nur einseitig empfunden wird. Diese gefühlte Nähe verstärkt das Vertrauen in Inhalte, unabhängig davon, ob diese fachlich korrekt sind.
Die schnelle Verbreitung von Trends hängt zudem eng mit ihrer emotionalen Inszenierung zusammen. Inhalte, die überraschen, schockieren oder provozieren, verbreiten sich deutlich stärker als sachlich aufgearbeitete und komplexe Informationen, die keine Extreme reproduzieren. Genau hier entstehen Risiken, denn extreme Inhalte klicken gut und verbreiten sich schnell. Dazu gehören absolut formulierte Verbote, wissenschaftlich nicht überprüfbare Behauptungen, Rückschlüsse aus Tierversuchen ohne Übertragbarkeit auf den Menschen, nostalgische Vereinfachungen nach dem Motto „früher war alles besser“ oder Aussagen darüber, dass ein einzelnes Lebensmittel zahlreiche Krankheiten heilen oder auslösen könne. Ebenso kritisch zu betrachten sind Inhalte, die vermeintliche Verschwörungen in Medizin oder Wissenschaft behaupten.
Fachkräfte stehen deshalb mehr als je zuvor vor der Aufgabe, diesen Fehlinformationen fundierte und zugleich zugängliche Alternativen entgegenzusetzen. Das gelingt, wenn sie dort kommunizieren, wo ihre Zielgruppen unterwegs sind, und wenn sie eine Sprache verwenden, die die Zielgruppe auch erreicht. Das Spannungsfeld zwischen Information und Einfluss wurde hier noch einmal besonders deutlich.
Ernährungskommunikation auf Social Media
Das 29. Heidelberger Ernährungsforum endete mit einer Podiumsdiskussion mit Susanne Fuhrländer, Dr. Simone Frey und Albert Krause, die die Inhalte der zwei Veranstaltungstage noch einmal aufgriff. Es wurde deutlich, dass Fachkräfte im digitalen Raum vor allem dann Wirkung entfalten, wenn sie ihre fachliche Expertise mit einer offenen, zugänglichen Kommunikationshaltung verbinden. Dazu müssen Fachkräfte nicht alle Social Media-Trends mitmachen oder an TikTok-Dance-Challenges teilnehmen. Stattdessen sollten sie eine verständliche Sprache verwenden, nachvollziehbare Beispiele aus dem Alltag und moderne Formate verwenden, die Reaktionen und Austausch ermöglichen. Auf diese Weise entsteht ein echter Dialog, der auch Menschen erreicht, die wissenschaftlichen Institutionen zunächst mit Zurückhaltung begegnen.
Im Verlauf der Diskussion wies Simone Frey zudem auf ein Projekt hin, das von Eva-Maria Endres ins Leben gerufen wurde, 2026 starten soll und gezielt die Brücke zwischen Wissenschaft und Influencerinnen und Influencern schlagen wird. Es soll beide Welten stärker miteinander verknüpfen und neue Formen der glaubwürdigen Ernährungskommunikation ermöglichen. Wir dürfen gespannt sein, welche Impulse dieses Projekt setzen wird.

Fazit: Ernährungskommunikation als gemeinsame Aufgabe
Das 29. Heidelberger Ernährungsforum hat verdeutlicht, wie stark Social Media die Ernährungskommunikation bereits prägt und wie wichtig es ist, diese Entwicklung als Fachkräfte mitzugestalten. Fachkräfte, die sich darauf einlassen, eröffnen neuen Zielgruppen den Zugang zu wissenschaftlicher Ernährungskompetenz und schaffen Vertrauen in einer zunehmend digitalisierten Informationswelt. Besonders die Diskussion über zukünftige Projekte, die Wissenschaft und Influencerinnen und Influencer enger miteinander verbinden sollen, zeigte das Potenzial gemeinsamer Wege. Ernährungskommunikation bleibt damit eine Aufgabe, die nur im Zusammenspiel vieler Akteurinnen und Akteure gelingen kann und die auch in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird.
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