Auch wenn das Bäckerhandwerk zur Spitzengruppe der deutschen Handwerksberufe zählt, fehlen zunehmend Fachkräfte in diesem Bereich. Gleichzeitig finden aber immer mehr Quereinsteiger mit fachfremden Ausbildungen ihren Weg ins Bäckerhandwerk – egal, ob im Verkauf, in der Produktion oder auf Führungsebene. Um Quereinsteigern ein Gefühl für das Produkt Brot zu vermitteln und die Grundlagen der Brotbackkunst näher zu bringen, bietet die Bundesakademie Weinheim einen Brotkurs für Quereinsteiger als viertägiges Seminar an. So können die Teilnehmenden ein Verständnis für die Aufgabenbereiche in der Bäckerwelt entwickeln und die Brotherstellung intensiv kennenlernen. Und ich war dabei! Daher folgt ein kleiner Nachbericht über vier tolle, intensive und spannende Tage voller Teig, Brötchen und Brot.
Brotkurs Tag 1: Kleingebäck
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es am ersten Tag zunächst mit einem längeren Theorieteil los. Unser erstes Thema: Teige bereiten. Obwohl man sich relativ leichtfertig die Frage stellt, was daran schwer sein kann, haben wir feststellen müssen, dass es doch nicht so einfach ist. Beispielsweise, wenn es darum geht, die Zugusstemperatur zu bestimmen, zu messen und zu prüfen. Plötzlich standen wir vor mehreren Formeln zur Berechnung der Temperatur. Auch den Knetvorgang haben wir uns genauer angeschaut. Danach ging es an die Herstellung von Kleingebäcken. Neben verschiedenen Brötchen standen Schwäbische Seelen und Laugenbrezen auf dem Tagesplan. Am Nachmittag durften wir schließlich in kleinen Gruppen unsere eigenen Semmeln herstellen. Ein Learning aus dem ersten Tag? Backen ist viel Mathematik.
Brotkurs Tag 2: Weizen- und Weizenmischbrote
Am zweiten Tag waren die Weizen- und Weizenmischbrote an der Reihe. Nach einem theoretischen Ausflug in die Rohstoff- und Mehlkunde sowie nach zahlreichen Informationen zu Vorstufen von Teigen, ging es weiter mit der praktischen Herstellung von Baguette, Weißbrot und Co. Genauso wie am Vortag war der Vormittag dazu da, die Techniken zu erlernen und zu erfahren, was es alles zu beachten gibt. Am Nachmittag waren wir wieder als Gruppe dran. Ein Learning aus dem zweiten Tag, wobei die Erkenntnis erst am dritten Tag kam: Weizen ist wirklich ein dankbares Getreide.
Brotkurs Tag 3: Roggen- und Roggenmischbrote
Auch der dritte Tag war den Broten gewidmet, diesmal Roggen- und Roggenmischbrote. Zuerst gab es einen Einblick in die Welt des Sauerteigs. Wir durften bei der Teigherstellung verschiedenster Brote zusehen und das Rund- sowie Langwirken üben. Das führte erst mal nur zu klebrigen Fingern und Händen. Wahrscheinlich ein klassischer Anfängerfehler. Danach lief es schon besser und wir durften am Nachmittag das Gelernte in die Praxis umsetzen und ein Berliner Landbrot backen. Wichtiges Learning aus dem Tag? Roggenteige nur mit nassen Händen anfassen!
Brotkurs Tag 4: Dekorbrote
Der letzte Tag war ein besonderer Tag, denn wir haben Spezial- und Dekorbrote gebacken. Man glaubt es kaum, was man mit Teig alles kreieren kann. Brote in Fisch-, Käfer- oder Sternform, Brote mit Gitternetz, Brote in Form eines Geschenks oder Kürbis, und und und … Zum Abschluss durfte dann jeder für sich und ganz allein zwei Dekorbrote herstellen – von der Teigzubereitung bis hin zum Formen und Dekorieren. Und anschließend natürlich mit nach Hause nehmen. Learning aus dem letzten Tag? Teig ist wirklich etwas Wunderbares und Brotbacken macht unglaublich viel Spaß.
Vom Quereinsteiger zum …?
Übrigens darf man ohne entsprechende Bäcker-Ausbildung kein Brot verkaufen. Denn wer eine Bäckerei eröffnen möchte, muss Bäckermeister sein. Wer also als Quereinsteiger seine eigenen Backwaren verkaufen und nicht den Weg der Meisterausbildung gehen möchte, kann unter bestimmten Voraussetzungen über die jeweils zuständige Handwerkskammer eine Sondergenehmigung beantragen, die aber auf einzelne Brotsorten beschränkt ist. Die Akademie in Weinheim bietet einen Zertifikatskurs für den Sachkundenachweis Brot, der bei diesem Vorhaben helfen kann. Und tatsächlich wollten die meisten Teilnehmenden des Brotkurses auch diesen Weg einschlagen.
Die Kunst des Brotbackens
Worauf kommt es beim Backen an? Und was macht gutes Brot aus? Beide Fragen lassen sich mit einem Wort beantworten: Zeit. Da mussten wir uns tatsächlich immer selbst daran erinnern. Oft genug waren wir zu ungeduldig und wollten sofort weitermachen. Klar, es macht super viel Spaß und man möchte nicht so lange warten. Aber dann klappt es einfach nicht wie erhofft. Der Teig braucht nun mal seine Zeit.
Wer nun auch Lust hat, Brot zu backen, und auf der Suche nach einer passenden Lektüre ist, der wird vielleicht bei unserem neuesten Buchtipp fündig: „Mehl, Wasser, Salz, Hefe – Alles über gutes Brot“ von Ken Forkish. Viel Spaß beim Stöbern!