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Issue Management: Früher denken, souveräner handeln

Krisen lassen sich nicht immer verhindern – aber kommunikative Eskalationen schon. Wie Issue Management frühzeitig Risiken erkennt, souveräne Reaktionen ermöglicht und Unternehmen aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie kommunikationsstark macht, zeigt dieser Beitrag. Mit Praxisbeispielen und konkreten Learnings.

Verbraucherinnen und Verbraucher sind wachsamer, kritischer und besser informiert als je zuvor. In der Lebensmittel- und Getränkebranche, wo Vertrauen oft wichtiger ist als der Preis, kann schon ein kleiner Vorfall große Wellen schlagen – sei es ein missverständlicher Werbespruch, ein unerwarteter Produktrückruf oder ein Shitstorm wegen einer Verpackungsangabe.

Viele Unternehmen setzen in solchen Fällen auf eine schnelle Krisenkommunikation. Doch wer erst reagiert, wenn der Druck steigt, kommt oft zu spät. Wirklich erfolgreiche Krisenkommunikation beginnt lange vor der Krise – mit einem systematisch aufgebauten Issue Management, das potenzielle Risiken erkennt, bewertet und entschärft, bevor sie zum Problem werden.

Dieser Beitrag zeigt, was Issue Management ist, welche Rolle es in der Krisenkommunikation spielt und wie Unternehmen der Branche davon konkret profitieren können – mit einem Blick auf typische Themenfelder und echte Praxisbeispiele.

Was ist Issue Management?

Wer souverän kommunizieren will, muss früher ansetzen – idealerweise lange, bevor der erste kritische Social-Media-Post abgesetzt oder ein Produktrückruf ausgesprochen wird. Genau hier greift das Issue Management. Es bildet die Grundlage jeder vorausschauenden Krisenkommunikation und ist ein zentraler Bestandteil strategischer Unternehmenskommunikation, gerade in der besonders sensiblen Lebensmittel- und Getränkebranche.

Wichtig ist die klare Abgrenzung zum Krisenmanagement und zur Krisenkommunikation: Während das Krisenmanagement operative Maßnahmen zur Eindämmung eines Schadens koordiniert und die Krisenkommunikation auf die gezielte Ansprache interner und externer Stakeholder im Ernstfall abzielt, ist das Issue Management ein Frühwarnsystem. Es setzt deutlich früher an und schafft die Basis dafür, dass im Fall der Fälle bereits kommunikative Leitplanken, Prozesse und Verantwortlichkeiten definiert sind.

Gerade für Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist diese vorausschauende Disziplin von entscheidender Bedeutung. Ein verunreinigtes Produkt, ein kritischer Medienbericht über Produktionsbedingungen oder ein Shitstorm rund um Inhaltsstoffe – die Bandbreite potenzieller Krisen ist groß. Wer hier im Vorfeld systematisch Themen monitort, bewertet und in Szenarien denkt, verschafft sich nicht nur einen Wissensvorsprung, sondern stärkt aktiv das Vertrauen von Kundschaft, Handelspartnern und der Öffentlichkeit.

Issue Management
© Pixabay

Die Rolle von Issue Management in der Krisenkommunikation

Ein funktionierendes Issue Management ist kein Nice-to-have – es ist die tragende Säule jeder strategisch angelegten Krisenkommunikation. Denn wer Themen mit Krisenpotenzial frühzeitig erkennt, kann nicht nur schneller und gezielter reagieren, sondern oft auch präventiv agieren – bevor ein Thema überhaupt zum Problem eskaliert.
Issue Management erfüllt dabei mehrere Schlüsselrollen:

  • Es hilft, Glaubwürdigkeit und Reputation auch in emotional aufgeladenen Situationen zu wahren.
  • Es dient als Frühwarnsystem, indem es relevante Entwicklungen systematisch beobachtet, bewertet und priorisiert.
  • Es liefert die Grundlage für einen Krisenpräventionsplan – inklusive Szenarien, Verantwortlichkeiten, Kommunikationsrichtlinien und Monitoring-Routinen.

Für Unternehmen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist das essenziell: Ein Rückruf, ein Verstoß gegen Kennzeichnungsregeln oder eine Social-Media-Kampagne zu vermeintlich „schädlichen“ Zusatzstoffen – all das kann nicht nur operative, sondern auch massive Reputationsfolgen haben.

Ein vorausschauendes Issue Management schützt in solchen Fällen die Marke, die Kundenbeziehung und nicht zuletzt die kommunikative Handlungsfähigkeit des Unternehmens.

Issue Management in der Praxis: Typische Issues in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie

Gerade in diesen Branchen gibt es eine Vielzahl sensibler Themen, die sich schnell zu einem Reputationsrisiko entwickeln können. Die folgenden Themenfelder zählen zu den häufigsten „Issues“, auf die Unternehmen vorbereitet sein sollten:

1. Produktqualität & Rückrufe
Fehlerhafte Kennzeichnungen, Fremdkörper in Lebensmitteln oder Verunreinigungen erfordern schnelle Maßnahmen – und eine souveräne Kommunikation, die Vertrauen statt Panik schafft.

2. Nachhaltigkeit & Ethik
Ob CO₂-Fußabdruck, Verpackungskritik, Lieferketten-Transparenz oder Tierwohl – Nachhaltigkeit ist längst ein zentrales Kommunikationsfeld. Wer hier keine konsistente Position bezieht, gerät schnell in die Defensive.

3. Social-Media-Dynamik
Kritische Verbrauchermeinungen oder unglückliche Werbeaussagen können binnen Stunden zum Shitstorm eskalieren. Issue Management hilft, Muster zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern.

4. Regulatorische Änderungen
Neue Vorschriften zur Kennzeichnung, Werbung oder Zuckerreduktion betreffen direkt Produkt, Verpackung und Kommunikation – und müssen frühzeitig antizipiert werden, um Reputationsrisiken zu vermeiden.

Issue Management
© Pixabay

Ein gutes Issue Management ist die halbe Miete

Zwei Fallbeispiele zeigen, wie mittelständische Unternehmen durch gute Vorbereitung souverän auf kritische Situationen reagiert haben und dadurch sogar gestärkt aus der Krise hervorgegangen sind:

Fallbeispiel 1: Rückstände in Bio-Produkten – schneller Faktencheck statt Vertrauensverlust

Ein Bio-Hersteller wurde mit dem Vorwurf konfrontiert, dass in einem Produkt Rückstände eines umstrittenen Pflanzenschutzmittels nachgewiesen wurden. Statt defensiv zu reagieren, informierte das Unternehmen sachlich und detailliert über mögliche Ursachen, Prüfverfahren und Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Nur eine optimale, faktenbasierte Vorbereitung machte die schnelle und transparente Kommunikation möglich, schaffte Vertrauen – und verhinderte Imageschäden.

Fallbeispiel 2: Kritik an Zuckerwerten – glaubwürdige Einordnung statt Imageproblem

Ein Produzent von Bio-Smoothies sah sich mit Kritik an hohen natürlichen Zuckergehalten konfrontiert. Das Unternehmen nahm die Rückmeldung ernst, erklärte die Unterschiede zu zugesetztem Zucker und kündigte Produktanpassungen an. Auch hier erfolgte die Reaktion auf Grundlage bereits vorliegender Stellungnahmen und Argumentationsleitfäden und ermöglichte so eine dialogorientierte Reaktion. Und diese zeigte Wirkung: Aus Kritik wurde konstruktive Diskussion – und langfristig sogar ein Imagegewinn.

Issue Management: Wer vorbereitet ist, bleibt handlungsfähig

Krisen lassen sich nicht immer verhindern – aber kommunikative Eskalationen schon. Unternehmen, die relevante Issues frühzeitig erkennen und einordnen, schaffen sich nicht nur einen Zeitvorteil, sondern auch einen strategischen Handlungsspielraum.

Gerade in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, wo öffentliche Aufmerksamkeit, emotionale Verbrauchererwartungen und regulatorische Vorgaben eng miteinander verwoben sind, ist ein professionelles Issue Management der Schlüssel zur Resilienz.

Es schützt nicht nur die Reputation, sondern stärkt aktiv das Vertrauen in Marke, Unternehmen und Management. Kurz gesagt: Wer im Vorfeld vorausschauend kommuniziert, muss im Ernstfall nicht improvisieren – sondern kann führen.


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