Wenn man an Weihnachtsstollen denkt, denkt man unweigerlich auch an das Bundesland besser gesagt die Stadt, die geschichtlich eng mit dem traditionellen Weihnachtsgebäck verbunden ist: Dresden, die Hauptstadt von Sachsen. Aber nicht nur dort werden in der Adventszeit Stollen gebacken und zum geschmacklichen Einstimmen auf Weihnachten gegessen.
Auch im Erzgebirge spielt die Köstlichkeit eine wichtige Rolle bei den adventlichen Kaffeekränzchen. Jeder Erzgebirger schwört auf seinen ganz besonderen Stollen seiner Bäckerei und bleibt diesem Jahr für Jahr treu. Südwestlich von Dresden wird ein Stollen gebacken, der nicht nur mit Leidenschaft hergestellt und an einem besonderen Ort zur Reifung gelangt, sondern auch mit einer Geschichte aufwartet, die eng an eine Tradition der Gegend geknüpft ist: der Bergmannsstollen der Bäckerei Nönnig mit Hauptsitz in Ehrenfriedersdorf. Als Food-PR-Agentur sind wir stets auf der Suche nach charaktervollen Lebensmitteln und Getränken und ihrer Geschichte dahinter. Der Name hat uns neugierig gemacht und daher wollten wir von Bäckermeister und Inhaber Tobias Nönnig, der die Bäckerei in der dritten Generation leitet, wissen, wie die Entstehungsgeschichte des Bergmannsstollens lautet und was das Besondere an dem Traditionsgebäck ist.
Herr Nönnig, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um über Ihr besonderes Projekt, den Bergmannsstollen, zu sprechen. Der Bergmannsstollen hat sich seit der Einführung zu einem ganz besonderen, traditionell erzgebirgischen Weihnachtsgebäck entwickelt, das viele Anhängerinnen und Anhänger gefunden hat. Sie alle warten Jahr um Jahr darauf, den Stollen aus dem Stollen kaufen zu können. Erzählen Sie uns doch bitte seine Geschichte und warum Sie wann auf die Idee gekommen sind?
Tobias Nönnig: Eigentlich ist der Bergmannsstollen aus einer Schnapsidee heraus entstanden. Das Besucherbergwerk der stillgelegten Zinngrube in Ehrenfriedersdorf hat von uns schon immer Brot, Gebäck und eben auch Stollen zur Bewirtung der Gäste bezogen, die aus ganz Deutschland, ja sogar aus dem Ausland anreisen. In der Adventszeit werden im Bergwerk als Attraktion sogenannte Mettenschichten angeboten. Die Mettenschicht ist eine sehr alte Tradition der Bergleute und bezeichnet alljährlich die letzte Schicht vor Weihnachten, die die Bergleute damals sehr feierlich, meist auch in Tracht, begangen und so Weihnachten eingeläutet haben. Der Verein hat diese Tradition bewahrt und macht sie in der Adventszeit Gästen zugänglich. Dabei fahren die Touristen ins Bergwerk ein, erfahren und erleben so hautnah ein Stück Geschichte sowie Bergmannskultur und werden dabei auch verköstigt, unter anderem mit unserem Stollen. Natürlich lag die Idee nahe, dass man den Stollen doch auch vor Ort verkaufen könnte. Ich dachte mir, dass sicher jeder nach einer kleinen Kostprobe Lust darauf hat, einen Stollen als Mitbringsel nach Hause zu nehmen. Wir durften dann ein paar Stollen gut sichtbar im Bergwerk einlagern, um die dann später zu verkaufen. Eine Spende dafür geht im Umkehrschluss einen Euro pro verkauften Stollen an den Verein. Mit dieser Geste geben wir ein Stück Heimat zurück und unterstützen den Erhalt des Besucherbergwerks. Die Reifungsbedingungen im Bergwerk sind dafür optimal, denn es herrscht dort das ganze Jahr über eine konstante Temperatur von sieben bis acht Grad Celsius und, das ist besonders wichtig, eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit von 99 Prozent. Nach einigen organisatorischen Vorgesprächen war es dann vor fast zehn Jahren so weit. Wir haben Anfang Oktober 2015 die ersten 100 Stollen eingefahren und gut drei, vier Wochen gelagert. Dieser Zeitraum ist wichtig, damit ein Stollen am Ende gut ausgereift ist, sein vollständiges Aromaprofil erlangt und eine hohe Saftigkeit bekommt. Die Stollen werden ungebuttert und -gezuckert, also ohne die bekannte Puderzuckerschicht, im Stollen in Kisten verpackt und gut abgedeckt gelagert. Nach Beendigung der Reifezeit werden sie bei uns im Geschäft Stück für Stück von Hand gezuckert und verpackt.
Ist das nur eine schlaue Marketingidee oder führt die Lagerung im Stollen wirklich zu einer verbesserten Produktqualität? Und wenn ja, zu welcher?
Tobias Nönnig: Die tolle Geschichte und der daraus abgeleitete Marketingaspekt war ehrlicherweise der Hauptgrund für die Aktion. Als Bäcker mit großer Leidenschaft für unser Handwerk waren wir natürlich auch sehr gespannt, welche geschmacklichen Auswirkungen die Lagerung im Stollen mit sich bringt. Im Vergleichstest zu den Weihnachtsstollen mit der gleichen Rezeptur und Herstellungsweise, die in unserem Geschäft reifen, hat man einen deutlichen Gewinn an Aromen und Saftigkeit schmecken können. Durch die Lagerung werden die Geschmacksspitzen abgemildert und der Gesamteindruck noch harmonischer. Ein Hauptgewinn könnte man sagen, ein erfolgreiches Marketing, gepaart mit einem großartigen Geschmacksgewinn, was möchte man mehr?
Was schätzen die Kundinnen und Kunden besonders an Ihrem Stollen?
Tobias Nönnig: Der Bergmannsstollen ist aufgrund seiner Saftigkeit und seines feinen, aber raffinierten und harmonischen Aromaprofils sehr beliebt. Sicherlich trägt auch die besondere Geschichte ihren Teil dazu bei. Vor allem bei Touristen, die zurück zu Hause in geselliger Runde was zu erzählen haben.
Wann beginnen Sie mit der Vorbereitung und wie lange lagert der Stollen im Bergwerk?
Tobias Nönnig: Wir beginnen mit dem Einfahren der ersten Charge bereits Anfang Oktober, so dass die ersten Bergmannsstollen pünktlich zur Freischaltung unseres Online-Shops ausgereift und für den Versand fertiggestellt sowie verpackt sind. Am ersten Advent fährt der letzte Stollen ein, der eine Woche vor Weihnachten für den Feiertagseinkauf fertig ist.
Wie viele Stollen werden jährlich gebacken?
Tobias Nönnig: Wir konnten im letzten Jahr 5.150 Euro dem Verein zur Erhaltung des Besucherbergwerks spenden. Das bedeutet, dass wir mehr als 5.150 Bergmannsstollen gebacken und verkauft haben.
Sie bieten den Stollen auch über Ihren Online-Shop an. Wie ist die Nachfrage aus ganz Deutschland? Können Sie mit Blick auf den Online-Shop bestätigen, dass der Stollen nicht nur in Ihrer Region Anklang findet?
Tobias Nönnig: Anfang November wird unser Online-Shop freigeschaltet. Man kann sich auf keine Warteliste setzen lassen, sondern erst dann direkt bestellen, wenn die ersten Bergmannsstollen fertig zum Bestellen sind. Die Bestellungen trudeln in der Tat aus der ganzen Welt ein. Meist handelt es sich dabei um Erzgebirger, die weggezogen sind und sich damit ein Stück Heimaterinnerung und Vertrautheit in die Adventszeit holen. Oder Touristen, die den Stollen hier bei einem Besuch kennen- und schätzen gelernt haben. Wir liefern bis nach Haiti, Japan und Kolumbien, um ein paar Destinationen zu nennen.
In der Presse liest man immer häufiger, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend wieder auf traditionelle Gebäcke wie den Stollen rückbesinnen. Können Sie diese Entwicklung anhand der Bestellungen in den letzten Jahren bestätigen?
Tobias Nönnig: Ja, das ist eine Entwicklung, die wir bestätigen können. Unser Stollensortiment ist nicht nur bei den älteren Kunden beliebt. Junge Familien greifen vermehrt danach und nehmen teilweise auch längere Anfahrtswege auf sich. Die Jugend sucht in unserer schnelllebigen Zeit Beständigkeit und Vertrautes wie ein traditionelles Weihnachtsgebäck. Es macht mich sehr glücklich und dankbar, dass unsere Stollen so beliebt sind, sich die Kunden jedes Jahr wieder darauf freuen und sich auch in vielen Gesprächen und Mails bei uns bedanken. Diese Glückwünsche und Dankesschreiben hänge ich bei uns immer ans Schwarze Brett, denn ich allein kann den Stollen nicht herstellen, dazu braucht es ein gut eingespieltes, leidenschaftliches Team. In der Adventszeit geht es bei uns immer rund, da müssen wir uns auf die Tatkraft aller verlassen können. Und ein paar lobende Worte beflügeln alle bei der Herstellung.
Der Stollen aus dem Stollen blickt im kommenden Jahr auf zehn erfolgreiche Jahre zurück. Ein kleines Jubiläum, ist das richtig? Und wenn ja, werden Sie dazu für die Stollenliebhaberinnen und -liebhabern ein besonderes Schmankerl anbieten?
Tobias Nönnig: Wir stecken aktuell im wahrsten Sinn des Wortes noch mit beiden Händen im Teig, um die Stollen für dieses Jahr in ausreichender Menge zu backen, zu verkaufen und zu verschicken. Daher sind die Tage lang sowie arbeitsreich und es bleibt wenig Zeit und Muße für eine längere Ideensuche. Aber hin und wieder denkt man doch auch schon an das kommende Jahr und macht sich erste Gedanken, was wir nach den ersten zehn erfolgreichen Jahren drauflegen können. Es ist noch nichts spruchreif, aber wir werden zum Jubiläum sicherlich noch eine Schippe drauflegen und rechtzeitig berichten.
Neugierig geworden? Wer mehr zur Geschichte des Christstollens wissen möchte, sollte sich unseren Blogbeitrag dazu nicht entgehen lassen.