Stets bereit für Bier: Martin Voigt, proBIER-Blog
Ein Hesse (übrigens Eintracht-Frankfurt-Fan), der auszog, um die österreichische Bierwelt kennenzulernen und sie auf seinem Blog proBIER den Bierbegeisterten nahezubringen: Martin Voigt, Wahl-Wiener und Bierkenner. Für die Trendtour in Wien hat er einen großartigen Parcours zusammengestellt: ein Reigen an Hopspots, die die Vielfalt der Wiener Bierkultur in der Gastronomie deutlich gemacht haben. Martin Voigt hatte sich 2007, damals noch in Deutschland wohnend, erstmals mit der Vielfalt von Bieren auseinandergesetzt, weil ihn Arbeitskollegen auf die spannende Reise durch die Bierwelt mitgenommen haben. „Wir haben nach der Arbeit unterschiedliche Biere probiert; alle waren privat Bierliebhaber. Heute würdest du die Erfahrungen gleich in einem Blog veröffentlichen, das war damals natürlich noch nicht der Fall“, berichtet er von seinen ersten Schritten als Bier-Meinungsmacher.
Vienna Calling
Beruflich hat es ihn dann nach Wien verschlagen. Erst mal nur zur Probezeit, für die er mit seinem Chef ausgemacht hat, dass er jedes Wochenende nach Hause fahren kann, und so Zeit hatte, sich mit der Stadt anzufreunden. „Nach zwei Wochen war alles klar: Wien ist meine Stadt.“ Er blieb. Der Unternehmensberater im Baubereich und gelernter Krankenhausbetriebstechniker hat seine Leidenschaft in der Freizeit weiter verfolgt und auf seinem Blog Bierbeschreibungen veröffentlicht. 2010 war ein Schlüsseljahr für ihn. Das Radler, das bis dato ein Schattendasein geführt hatte, ist von den Brauereien in Österreich entdeckt worden, und er hat sie bewertet. Daraufhin ist ein Marketingleiter einer kleinen Brauerei auf ihn aufmerksam geworden und hat ihn ermuntert, ein Buch mit Bierbewertungen zu schreiben. „Ich war ein Niemand in der österreichischen Bierszene“, sagt er beeindruckt von dem Vorschlag, aber der Brauereivertreter hat ihm Zuversicht gegeben: „Du kannst das, schreib ein Buch über Bier.“ Die Idee dahinter: Ein Deutscher kommt nach Österreich und schreibt über die Biere des Landes. „Ich habe eine Welle verursacht, die ich nicht vermutet hätte“, berichtet er in der ersten Hopspot-Station, dem Fassldippler. Das Buch kam dann heraus, obwohl er mit einigen Widersachern zu kämpfen hatte. „Ich habe beim Schreiben wahnsinnig viel Spaß gehabt und habe mich durch negative Bemerkungen nicht abhalten lassen. Ich wollte niemanden der eingesessenen Bierkenner den Rang ablaufen und das Wasser abgraben. Meine Haltung war immer, dass ich der sein wollte, der keine Ahnung hat und auf Augenhöhe mit dem Verbraucher verkostet und bewertet.“
[wonderplugin_carousel id=“16″]
Vom Buch zum Blog zum Bewegtbild
In der nächsten Station, the brickmakers, erzählt er weiter. Nachdem das Buch auf dem Markt war, kam die Idee mit dem Schreiben weiterzumachen. Und so hat er 2013 ohne Druck seinen Blog probier.at an den Start gebracht und der aufkeimenden Craftbierszene damit ein Sprachrohr geboten. Zudem war er von Anfang an dabei, das Craftbierfestival mit Micky Klemsch und Markus Wurzer zu organisieren. Zielsetzung dahinter: Wienern zeigen, was auf dem Biermarkt so alles geht. Händler wie Ammersin haben in dieser Zeit zusätzlich die Eisbrecherfunktion ausgeübt und dafür gesorgt, dass die weltweiten Bierspezialitäten auch in Österreich zu bekommen waren und in der Gastronomie auf die Karten kamen. Onlineshops wie myBier.at von Markus Wurzer haben Craftbier den Weg zu Verbrauchern nach Hause bereitet. 2016 ist Martin aus dem Orga-Team des Festivals ausgestiegen, weil es einen solchen Run gab, dass das für ihn ehrenamtlich neben dem Job nicht mehr zu stemmen war. Er hat sich neben dem Blog dann auch im Bereich Bewegtbild umgeschaut und mit proBIER.TV einen Vodcast etabliert. Dort berichtet er über neue Biere, führt Interviews mit Branchengrößen und ist unterwegs, um neue Trends aufzuspüren. „Ein Video zu drehen, wenn du eh vor Ort bist, spart dir einfach viel Zeit und bringt die Live-Eindrücke besser rüber, als wenn du auf dem Blog danach darüber berichtest. Daher war das Thema Bewegtbild für mich eine logische Konsequenz“, erklärt er die Entwicklung. „Als Blogger aus Österreich tust du dich international schwer. Daher bin ich bei twitter und Instagram auf Englisch eingestiegen. Die Vorbilder waren für mich bekannte Blogger aus Polen und England.“
Wichtig ist ihm, dass er unabhängig ist und bleibt: „Ich mache keine Werbung; ich verdiene kein Geld damit, und meine Leser schätzen es, dass ich einer von ihnen bin und meine Meinung über Bier einfach meine ehrliche Meinung ist.“ Damit waren wir dann auch in unserer letzten Station angekommen, dem Hawidere, und haben Feierabend gemacht. „Für 99 Prozent der Bierbegeisterten muss es nicht kompliziert sein“, sagt Martin, und wir haben in diesem Sinne erst mal ein Wiener Lager bestellt.