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Seetang Sucht: Meeresaroma auf dem Teller

Seetang Sucht. Meeresaroma auf dem Teller

Seetang ist in der asiatischen Küche traditioneller und omnipräsenter Bestandteil der Ernährung. Dank des Sushi-Hypes sind Nori- und Wakame-Algen auch bei uns allgemein bekannt. Tang – so die seemännische Kurzform – ist jedoch viel mehr als nur Hülle für Maki-Sushi-Rollen. Was Algen für erstaunliche und vielfältig verwendbare Lebewesen sind, erfahrt ihr in diesem Blogartikel.

Magisch in den Wellen wogende, meterhohe Braunalgen, zwischen denen sich Fische, Krabben, Muscheln, Seeotter und Seerobben tummeln. Ein Meer an Farben und Formen. Meine Begeisterung und tiefe Liebe zum Meer und allem Leben darin war ebenso Grund für meine Themenwahl, wie die Kulinarik. Ich bin dem Tang verfallen: süchtig! Ob Sushi, Algensalat oder Misosuppe – ich kann mich nicht satt essen.

Seetang Sucht. Meeresaroma auf dem Teller
©unsplash

Bei der Recherche zum Thema eröffnete sich mir dann ein ungeahntes Kaleidoskop an Themen rund um das Meereskraut. Ich fange mit der Biologie an:

Seetang unter die biologische Lupe genommen

Seetang und Algen sind synonym, das vorweg. Es tummeln sich in den Meeren unglaublich viele Algenarten. Rund 40.000 sind bekannt, die Gesamtzahl wird auf das Zehnfache geschätzt. Tang gehört zu den Makroalgen, die mit bloßem Auge zu sehen sind und in Kelpwäldern bis zu 60 Meter lang werden können. Davon unterschieden werden die Mikroalgen, welche mikroskopisch klein als Phytoplankton die Grundlage der Nahrungskette in den Ozeanen bilden.
Algen betreiben Photosynthese und sind darum vom Licht abhängig. Deswegen kommen sie nur bis zu einer bestimmten Wassertiefe vor, in die das Sonnenlicht noch vordringt. Aber Achtung: Algen sind keine Pflanzen! Ihr Stammbaum hat sich seit mehr als einer Milliarde Jahre unabhängig von Tieren und Pflanzen entwickelt. Im Unterschied zu Pflanzen haben sie keine Wurzeln, Blätter oder Stängel, um Nährstoffe zu transportieren. Jede ihrer Zellen holt sich, was sie braucht direkt aus dem Meerwasser.

Die Kelpwälder vor unseren Küsten sind eine bunte Lebensgemeinschaft aus unzähligen Braun-, Rot- und Grünalgen, alle als Seetang bezeichnet. Diese Wälder haben den gleichen Stellenwert wie die tropischen Regenwälder: Sie binden Kohlenstoffdioxid (CO2) und geben Sauerstoff (O2) in die Atmosphäre ab. Etwa die Hälfte des Sauerstoffs in unserer Erdatmosphäre stammt von Algen. Aus diesem Grund wird versucht, Kelpwälder zu kultivieren und Bestände wieder aufzuforsten. In dieser Mission ist auch in Deutschland ein Team der Forschungsmission CDRmare vor Helgoland damit beschäftigt, eine Karte der dort wachsenden Kelpwälder zu erstellen. Mit diesem Wissen können dann gezielt Maßnahmen zu deren Schutz und Wiederaufforstung getroffen werden, um die CO2-Aufnahmefähigkeit zu erhöhen.

Seetang Sucht. Meeresaroma auf dem Teller
©unsplash

Klimaretter auf dem Teller

Nun zum Genuss. Das Meeresgemüse wird in der asiatischen Küche häufig und vielseitig verwendet. Algen werden dort gekocht, gebraten, gedämpft oder in Essig eingelegt. Sie dienen als Gewürz oder Tee, werden zu Salat verarbeitet, zu Suppen gegeben, sind Gemüsebeilage oder getrocknet ein Snack.
Bei uns erobert der Seetang von der Sushi-Bar aus den weiteren Nahrungsmittelmarkt als grünes Seafood-Kraftpaket. Der Klimaretter bindet nicht nur CO2, produziert Sauerstoff und verbraucht keine Landfläche – er kann sich auch im Hinblick auf die Nährwerte sehen lassen. Er enthält viel Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Außerdem ist das Seafood kalorienarm, reich an Ballaststoffen und Antioxidantien. Mikroalgen, wie Spirulina und Chlorella punkten zusätzlich mit gesunden Omega-3-Fettsäuren in erfreulich hoher Konzentration (auch Fische nehmen Omega-3-Fettsäuren über Algen auf und reichern sie in ihrem Fleisch an!). Glücklich, wem diese Brise Meer mundet! Da Algen viel Jod enthalten, wird von einem übermäßigen Konsum abgeraten, denn eine längere zu hohe Jodzufuhr ist für die Gesundheit riskant.

Eins meiner persönlichen Algen-Highlights ist der koreanische geröstete Seetang. Er ist knusprig, leicht gesalzen und fettig – für mich der ideale Chips-Ersatz als Begleiter zum Filmeabend. Sein Umami-Geschmack ist der absolute Hammer und mundet sogar der Tochter, der ich diese Köstlichkeit als Meerjungfrauen-Speise verkaufe.

Jedoch nicht alle Algenarten sind genießbar. Hier die bekanntesten essbaren Arten:
Nori-Algen, Hijiki, Ulva (Meeressalat), Riementang (Meeresspaghetti), Dulse-Algen (Lappentang), Wakame-Algen (Flügeltang), Arame-Algen, Kombu (Zuckertang), Fingertang und Trüffeltang.

Was kocht man nun als „normaler“ Mitteleuropäer aus dem grünen Meereskraut? Besonders schmackhafte Algen mit innovativen Rezeptideen kommen aus dem hohen Norden:
Im arktischen Nordmeer auf den Lofoten ernten zwei nixengleiche Frauen im Neopren die Algen, die dort in sauberstem Gewässer üppig gedeihen. Unter ihrem Label Lofoten Seaweed vertreiben sie die nachhaltig per Hand geernteten Wildalgen, verarbeitet zu Gewürz, Algen-Meersalz und Schokolade. Das Potenzial zur Delikatesse hat der Trüffeltang, welcher ein Aroma von weißem Trüffel und Austern haben soll. Das Trüffeltang-Salz der beiden Nixen gewann sogar die Bronzemedaille im Bocuse d‘Òr Wettbewerb in Lyon 2019. Verarbeitet zu Trüffelseetang-Butter . entfaltet diese Alge ihr ganzes Aromapotenzial. Dieses und andere interessante Rezepte mit Seetang sind auf der Internetseite von Lofoten Seaweed zu finden. Mein nächstes Taste-Projekt wird das Seetang-Pesto sein. Ich bin gespannt auf den nordischen Twist dieses Italo-Klassikers. Ein echtes Meermädchen Essen!

FUN FACT: Mischt man bestimmte Rotalgen ins Kuhfutter, stoßen die Kühe weniger klimaschädliches Methan aus!

Produkte aus Algen

Auf dem Teller zeigt das grüne Meereskraut seine Vielfältigkeit. Unter dem lustigen Namen Agar-Agar kennen wir es als pflanzliches Geliermittel in Puddings, Marmeladen und Soßen. Doch auch jenseits der Küche finden Algen diverse Verwendungen.

Zum Beispiel in Dynamit, blauen Smarties, Fotopapier, Zahnpasta, T-Shirt-Druck, Wundpflastern, Tabletten und Bier. Dies sind nur einige spannende Beispiele, die mit Produkten aus der Alge hergestellt werden.

Als Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel gilt Biokunststoff aus Algen. Im Gegensatz zu Plastik gibt das aus Algen gewonnene Material keine Schadstoffe ab und kann darin verpackte Lebensmittel länger haltbar machen. Auch als Rohstoff für Biotreibstoff der nächsten Generation bietet sich das schnellwachsende, CO2-bindende Lebewesen an.


Unsere Ozeane bieten noch „Meer“ Genüsse für den Gaumen. Wer den Geschmack von Fisch misst, weil er vegan isst oder aus Umweltgründen auf Fisch verzichtet, liest sich in unserem Branchentreff-Beitrag Veganer Fisch: die pflanzliche Alternative den Mund wässrig.



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Autorin: Lena Lewark
Datum: 09.10.2024



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