„Die Deutschen trinken kein Bier mehr!“, so die Aussage vieler, wenn sie sich den Biermarkt Deutschland 2017 anschauen. Dass man ein solch sehr pauschales und radikales Statement differenziert sehen muss, beweist die Jahrespressekonferenz des Bayerischen Brauerbundes (BBB). Diese fand – natürlich aus Zufall – am „unsinnigen Donnerstag“ im Brauerhaus in München statt. Natürlich interessiert auch uns als bieraffine PR-Agentur aus München die derzeitige Lage der deutschen Brauwirtschaft, ob wirklich keiner mehr Bier trinken will oder ob das wirklich Unsinn ist.
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Deutschland verliert – Bayern trumpft auf
Minus 2,5 Prozent – das ist der Rückgang, den der deutsche Bierabsatz von 2016 auf 2017 zu verzeichnen hat. Damit fällt Deutschland auf Platz 5 der Bierproduktion weltweit. An der Spitze ist China, oder wie Dr. Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer BBB, es formulierte: „Die Chinesen sind meilenweit abgezogen“, gefolgt von den USA, die einen leichten Rückgang verzeichnen, Brasilien und Mexiko, die in den letzten Jahren aufgeholt haben.
Plus 1,3 Prozent – so das Plus des Bierabsatzes in Bayern. Bayern nimmt damit im Biermarkt, laut BBB, eine ganz gewichtige Rolle ein. Seit 2010 steigt der Gesamtbierabsatz an und lag 2017 mit fast 24 Millionen Hektoliter erstmals wieder auf einem Niveau, das wir seit 20 Jahren nicht mehr hatten. Nicht einbezogen sind alkoholfreie Biere und Malztrunk, mit dem der Absatz so hoch liegen würde wie kurz nach der Wiedervereinigung.
Von Verlierern und guten Entscheidungen
Stärkster Verlierer im Ländervergleich ist Rheinland-Pfalz/Saarland. Und am Ende liegt hier ein Grund für den Rückgang deutschlandweit. Denn die in diesem Gebiet ansässige Karlsberg Brauerei verzichtete 2017 bewusst auf den rund eine Million Hektoliter Handelsmarkenabsatz für den Discount im EU-Ausland. Dr. Lothar Ebbertz erklärt: „Die Verluste in dieser Region sind nicht dem Umstand geschuldet, dass die Menschen das Bier nicht mehr mögen oder dass der Export so schlecht läuft, sondern es handelt sich hier um eine individuelle, einzelbetriebliche, bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Marktsegment nicht mehr zu bedienen.“ Mit anderen Worten: Die sehr positiv zu bewertende Entscheidung eines Einzelunternehmens hat gravierende Auswirkungen auf die Gesamtbilanz, die von außen betrachtet zunächst negativ erscheint. Mal wieder ein Beweis dafür, dass man hinter die nackten Zahlen schauen muss, um den Markt zu verstehen.
Exportschlager bayerisches Bier
Weitere interessante Zahlen sind der Vergleich des steuerpflichtigen Bierabsatzes zum Gesamtabsatz, also im Wesentlichen der Vergleich, was im Inland getrunken und was exportiert wird. Hier zeigt sich nämlich, dass Bayern besonders durch den starken Export Zuwächse zu verzeichnen hat. Der steuerpflichtige Bierabsatz, also der innerhalb Deutschlands, ist im Vergleich zum Vorjahr nämlich um 0,6 Prozent gesunken, während der Gesamtabsatz ja gestiegen ist. Rund 5,2 Millionen Hektoliter bayerisches Bier werden exportiert. Mit einer Exportquote von 23,6 Prozent ein erneuter Exportrekord im Vergleich zu den Vorjahren. Wieder ein Vergleich zum Bund: Da sind es nur 17,3 Prozent Exportanteil. Und wer noch immer nicht genug Zahlen hat: Jedes dritte Bier, das Deutschland exportiert, ist ein bayerisches Bier.
Aktionismus beim Bierpreis
Schon mal ein Bier in der Aktion gekauft? Das ist laut Statistik kaum zu vermeiden. Denn immerhin werden 70 Prozent (!) des Pilsmarktes in der Aktion verkauft, was am Ende dazu führt, dass der durchschnittliche Preis insgesamt sinkt, trotz steigender Kosten für die Brauereien. Ist zwar ein alter Hut, es ist aber immer wieder wichtig, diesen Missstand zu betonen. Beim Weißbier ist es zwar weniger, aber noch immer gut die Hälfte der Biere wird in der Aktion angeboten. Und immerhin ist hier der Preis in den letzten fünf Jahren um zwei Prozent gestiegen. Natürlich kein Vergleich zu den gestiegenen Kosten in den Brauereien.
Bier braucht Heimat
Es kommen neue dazu, es bleiben welche und es machen welche zu – Braustätten in Deutschland sind im stetigen Wandel. Dieser sieht aber durchaus positiv aus. Seit dem Tiefstand vor 20 Jahren sind bis 2016 135 Braustätten in Deutschland hinzugekommen. Diese dürften 2017 sicher noch Zuwachs bekommen haben. Von insgesamt 1.408 Brauereien liegen 624 innerhalb der bayerischen Landesgrenze – das entspricht etwa 44 Prozent. Nicht zu vergessen ist jedoch, dass die Anzahl der Brauereistätten in Bayern eher als „stabil“ denn als wachsend zu bezeichnen ist. Im Saldo liegt Bayern sogar mit 144 Brauereistätten im Minus, betrachtet man die Zahlen zwischen 1993 und 2016. In anderen Bundesländern schaut es da besser aus, und der Wunsch der Menschen nach Bier aus der Heimat führt überall zu neuen Braustätten.
Ein Wandel der Strukturen
Schaut man sich nun an, wie Zuwachs und Rückgang von Braustätten in unterschiedlichen Größenordnungen aussehen, wird deutlich, dass es hier gravierende Unterschiede gibt. So ist der Gesamtanstieg deutscher Braustätten fast ausschließlich denen zuzuschreiben, die unter 5.000 Hektoliter produzieren. Währenddessen werfen immer mehr Mittelstandsbrauer das Handtuch und schließen ihre Betriebe. Am oberen Ende der Statistik sieht es nicht viel besser, aber zumindest stabiler aus. Das führt insgesamt dazu, dass 70 Prozent aller Braustätten kleine Brauereien sind, aber über 80 Prozent des deutschen Ausstoßes von Brauereien kommen, die über 500.000 Hektoliter produzieren, aber nur 4,7 Prozent der Braustätten ausmachen. Wenn das mal nicht verrückt ist und nach einer Stärkung des Mittelstandes schreit.
Und 2018?
„Wer sich auf den Lorbeeren ausruht, liegt an der falschen Stelle“, zitiert Georg Schneider, Präsident des BBB und Schneider-Weisse-Brauereichef, seinen Vater. Für ihn gibt es viele Schwerpunkte, die für den BBB 2018 im Fokus stehen. Da ist zum einen die geografisch geschützte Angabe (g.g.A.) des bayerischen Bieres. Diese soll auch in Zukunft weiter gestärkt werden, da sie die Einzigartigkeit des Kulturguts schützt. Das Jubiläum 100 Jahre Freistaat Bayern wird auch von der Bierbranche gefeiert, und es wurden 100 Genussorte auserkoren, an denen die Heimat entdeckt werden kann. Weniger feierlich, sondern politisch geht es auch um Alkoholpolitik. „Es ist für uns sehr wichtig, uns mit dem Thema Alkoholabhängigkeitsprävention zu beschäftigen. Wir wollen auch weiterhin gesunde Menschen, die fröhlich ihr Bier trinken können“, erklärt Georg Schneider die Position des BBB.
Exkurs: Bayerische Bierkönigin
„Baustein, der das bayerische Bier attraktiv hält“, so lautete die Ankündigung mit Augenzwinkern der derzeit amtierenden Bayerischen Bierkönigin Lena Hochstraßer, die die Werbetrommel für die Neubesetzung ihres Postens rührte. Bis zum 14. Februar kann sich noch beworben werden. Die Wahlen finden am 03. Mai statt. Wer sich dazu berufen fühlt, die nächste Bayerische Bierkönigin zu werden, kann sich jetzt noch bewerben .
Wunschkonzert
Die Wünsche für die Zukunft von Präsident Georg Schneider sind ein Aufruf an die Politik, das Thema Bürokratie für die Brauereien in den Griff zu bekommen. Das betrifft hauptsächlich das Thema Datenschutzbestimmungen, aber auch andere Bereiche, die „bürokratischen Unsinn“ mit sich bringen. Zum Glück gibt es einen Beauftragten für Bürokratieabbau. Der zweite Wunsch geht nicht Richtung Merkel, oder wer auch immer unser Land so regiert, sondern Richtung Petrus: „Alles in allem wünschen wir uns natürlich einen schönen Sommer 2018 – der ist unser bester Verkäufer.“
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