Als Ernährungsexperten und bekennende Foodies liegt uns Genuss besonders am Herzen. Als Jahresmotto haben wir uns 2020 „Genussmanager“ auf die Fahnen geschrieben. In unserer monatlichen Branchentreff-Kolumne beleuchten wir verschiedene Aspekte rund um dieses Thema für euch. Heute: Genuss around the World.
Lebensmittel sind nicht nur eine bloße Nahrungszufuhr, sie können Wohlergehen bedeuten, glücklich machen, Kulturen verbinden, Genussmittel sein. Auch die Esskultur sagt viel darüber aus, wie wir genießen. Wer kennt das nicht, dass im Urlaub neue Gerichte besonders gut schmecken oder dass uns bestimmte Geschmacksrichtungen an ferne Länder erinnern? Das ist alles Genuss – aber eben nur anders. Da stellt sich uns natürlich die Frage, was denn Genuss in unterschiedlichen Ländern bedeutet. Denn schließlich ist die Art, wie wir essen, nicht von der Art, wie wir leben und damit, wie wir genießen, zu trennen. Die Ernährung spielt für den Menschen eine große Rolle. Und auch die Kultur beeinflusst die Auswahl des Essens und Trinkens in einer Gesellschaft. Wie einst der Philosoph Ludwig Feuerbach sagte: „Der Mensch ist, was er isst.“ Und wer reist und neue Ess- und Genusskulturen erkundet, kommt wohl anders zurück. Neue Genussmomente oder Aromaeindrücke verändern die eigene Esskultur.
Deswegen schwingt auch immer etwas Doppeldeutigkeit mit. Nehmen wir beispielsweise die Italiener, Franzosen oder Spanier. Ihnen wird nachgesagt, dass sie sehr genussfreudig wären. Dabei handelt es sich nicht einmal nur um eine Aussage über die jeweiligen typischen Gerichte und die Zubereitung von Zutaten. Was vor allem bewundert wird, ist das Ambiente, wie gelebt und gegessen wird. Genuss definiert sich nicht nur über die eigentlichen Lebensmittel und deren Kombination, sondern viel mehr über das Handeln und Gestalten des Essens in gemeinschaftlicher, ausgelassener Atmosphäre.
In Indien ist es zum Beispiel Pflicht, mit den Händen zu essen, da der direkte Kontakt mit den Lebensmitteln als bedeutungs- und lustvoll angesehen wird. Genuss erfolgt hier also auch über die Art des Essens. Die Hände sind Teil des Genießens. „Das Auge isst mit“ wäre in diesem Fall nicht ganz korrekt, denn auch die Hände essen in Indien mit. Das ist eine andere Wahrnehmung von Genuss – mit mehr Sinnen und Hingabe.
Jeder kennt diesen Satz: „Wenn du deinen Teller nicht aufisst, wird es morgen Regen geben.“ In Ägypten ist es aber üblich, als Gast nicht den Teller leer zu essen. Dies wird als Kompliment und Dank für die gute und leckere Bewirtung angesehen. Genuss kann also auch sein, nicht komplett aufzuessen, sondern so weit zu genießen, bis ein kleiner Rest übrig bleibt – und damit zu sagen: „Ja, es hat mir gut geschmeckt, ich habe es genossen!“
In China oder Japan gelten Schmatzen und Rülpsen als Zeichen des Genusses – wem die Mahlzeit schmeckt, kann dies auch lautstark zeigen. Dabei dürfen allerdings Männer geräuschvoller als Frauen sein. Das wäre hier in Deutschland unvorstellbar, aber wer weiß, vielleicht schmeckt das Essen dann besser? Eventuell sollten wir einfach mal diese Art des Genießens ausprobieren.
In den USA ist es unüblich, sich einen guten Appetit zu wünschen – auch wenn „enjoy your meal“ genau das aussagen würde, was wir wollen: „Genieß dein Essen.“ Aber wenn wir mal ehrlich sind, hat Genuss an sich auch nichts damit zu tun, was wir uns gegenseitig wünschen oder sagen, sondern damit, dass wir die Mahlzeit probieren, schmecken und genießen. Da kann man schon mal die ein oder andere Floskel beiseitelassen. Wie wir essen – also unser „Essstil“ – drückt aus, welche Vorstellungen wir vom Essen – insbesondere vom Essprozess – haben. Und damit auch von Geschmack und Genuss. Wie wir genießen ist möglicherweise auf der anderen Seite der Welt kein Zeichen für Genuss. Und was dort Genuss signalisiert, wird hier bei uns als unhöflich angesehen. Gar nicht so leicht, einfach mal zu genießen. Oder etwa doch? Denn letzten Endes geht es schließlich trotzdem darum: essen, schmecken und genießen – Hauptsache irgendwie.
Ihr seid auch solche Genießertypen wie wir? Dann lest hier noch mehr über unser Jahresmotto Genussmanager, zum Beispiel den Beitrag über Soul Food – wie viel Glück steckt im Essen?