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Brot-Sommelier Heiko Kitter über die ideale Liaison von Brot und Käse

Brot und Käse

Brot-Sommelier Heiko KitterBrot und Käse, eine perfekte Kombination, die das Leben von Konditor sowie Bäcker- und Molkereimeister Heiko Kitter maßgeblich bestimmt. Er hat der Bäckereibranche nach seiner Umschulung zum Molkereifachmann den Rücken gekehrt und ist seit 1988 in unterschiedlichen Molkereien sowie Käsereien tätig. So ganz hat ihn die Bäckerei und Konditorei jedoch nicht losgelassen. Daher gründete er 2014 im Nebenerwerb eine kleine Hofkonditorei und -bäckerei und unterstützt seit 2017 einen Bäckerkollegen in der Umgebung, wenn Not am Mann ist; ach ja, und Hobbyimker ist er übrigens auch noch. Er ist einer der aktuell 44 amtierenden Brot-Sommeliers und hat seine Projektarbeit folgerichtig dem Thema Brot und Käse gewidmet. Der Titel seiner Arbeit lautet „Brot-Käse-Hochzeit: Entwicklung eines Weizen-Dinkel-Baguettes mit verschiedenen Käsesorten aus regionalen Betrieben“. Wir wollten von ihm wissen, warum er den Titel gewählt hat, mit welchen Hürden er im Verlauf der Backversuche zu kämpfen hatte und wie er sein neues Wissen im Berufsalltag einsetzt.

Heiko, warum hast du damals die Umschulung zum Molkereifachmann gemacht und bist aus der Bäckereibranche ausgestiegen?

Heiko Kitter: Leider habe ich die Berufskrankheit Bäckerasthma bekommen und war daher gezwungen, einen neuen Weg in meinem Berufsleben einzuschlagen, aber ich habe in der ganzen Zeit private Back-Konditorei-Kurse gegeben und war beispielsweise bei der VHS Wangen im Allgäu bei Gesprächskreisen oder bei den Landfrauen im Westallgäu als Referent aktiv.

Also hat dich das Thema gutes Brot backen nie wirklich losgelassen?

Heiko Kitter: Nein, denn ich war und bin Bäcker mit Leib und Seele und ohne Berufskrankheit wäre ich sicherlich auch heute noch als Bäcker tätig.

Wie bist du auf das Thema deiner Projektarbeit gekommen?

Heiko Kitter: Der Geruch von frischem Brot und gereiftem Käse ist einfach etwas Besonderes. Diese beiden Gerüche und Geschmäcker begleiten mich schon mein ganzes Berufsleben lang. Beim Seminar Foodpairing von Professor Vilgis im Rahmen der Ausbildung zum Brot-Sommelier an der Bäckerakademie Weinheim kam mir die Idee, die beiden traditionellen Berufe mit meinem Wissen in einem neuen Produkt zu vereinen.

Welche Zwischenschritte zur Justierung des Rezeptes waren im Verlauf der Projektarbeit notwendig und warum?

Heiko Kitter: Wie bekomme ich den Käsegeschmack ins Brot? Wie verhalten sich die Milchsäurebakterien im lang geführten Teig-Käse-Vorteig geschmacklich und mikrobiologisch? Wie ist der Alterungsprozess? Welches Verhalten haben verschiedene Zusatzstoffe von im Großmaßstab hergestelltem Käse im Käsebrot? Das waren Fragen, die mich während der Projektarbeit beschäftigt haben. Bei meinem Brot-Käse-Projekt zerkleinere ich den Käse, gebe etwas Milch und Wasser dazu, danach mache ich eine Zeit-Temperatur-Führung. So bekommt man die wasser-, fett- sowie alkohollöslichen Aromen des Käses in ein Käsegemisch. Dabei sollte man wissen, welche Kulturen beim Käse eingesetzt wurden. Danach richten sich dann meine Zusatzreifungsschritte, wie lange ich das bearbeitete Käsegemisch mit einer bestimmten Temperatur und Zeit nachreifen lasse.

Bei meinen Backversuchen habe ich die Käsemenge von zehn Prozent bis 40 Prozent erhöht. Ab 25 Prozent Käsezugabe hat man die Reizschwelle im Brot-Käse-Geschmack erreicht, also schmecken können, dass das Brot mit Käse gebacken wurde. Ab 30 Prozent bis 40 Prozent Käsezugabe war die sogenannte Erkennungsschwelle erreicht und Kenner konnten den eingesetzten Käse deutlich erkennen. Bei meinen Rezepten nehme von den errechneten Käsemengen 20 Prozent zum Käse-Wasser-Milch-Gemisch. Den Rest der Käsemenge lasse ich kurz vor Schluss der Teigbereitung unterkneten. Es ist von Vorteil, wenn man gute mikrobiologische Vorkenntnisse hat: Temperatur-/pH-Wert-Minimum, -Optimum, -Maximum. Die Milchsäureorganismen sind thermophil und mesophil; dies sollte man beim Käsearomatisierungsschritt hinsichtlich der Temperaturführung beachten. Und sich mit den Enzymen Protease, Amylase, Lipase und Laktase auskennen.

Hast du deine Kollegen aus dem Brot-Sommelier-Kurs um Rat gefragt und wie bist du dabei vorgegangen?

Heiko Kitter: Ja, ich habe meine Brot-Käse-Produkte zum Brot-Sommelier-Kurs mitgebracht und meine Bäckerkollegen verkosten lassen, wobei ich dann 17 verschiedene Meinungen und Tipps von Fachkollegen bekommen habe. Kurz vor der Prüfung habe ich meine Brote nochmals vorgestellt und die zukünftigen Brot-Sommeliers von meiner Brot-Käse-Kreation überzeugt.

Wie hast du die regionalen Käsereien gefunden, von denen du den Käse für die Backversuche erhalten hast, und nach welchen Kriterien hast du dann die Käsesorten für den Backversuch ausgewählt?

Heiko Kitter: Ich bin über meine Arbeit bei der Firma Hochland sowie über die Meisterschule Oskar Farny Institut bei den verschiedenen Käsereien bekannt. Man hat schon über mich auf der Meisterschule gesprochen, weil ich jeden Morgen während des Meisterkurses vor dem Unterricht drei bis vier Stunden bei der Bäckerei Vogel gearbeitet habe.

Du bist ja auch noch Hobbyimker. Was ist deine Einschätzung zum Thema Verbraucherwunsch nach regionalen Lebensmitteln? Die Umfragen belegen, dass der Trend da ist, aber sind Verbraucher auch bereit, dafür Geld auszugeben?

Heiko Kitter: Regionalität ist das neue bio. Kurze Transportwege, umweltschonende Herstellung und frische Produkte, darauf legen schon sehr viele Verbraucher Wert. Für gute, heimische Produkte zahlen unsere Kunden den Preis; wichtig ist, dass man den Wert, sprich die Arbeit, die dahintersteckt, erklärt und so sichtbar macht.

Wie riecht und schmeckt nun das ultimative Weizen-Dinkel- Baguette mit Käse, und stellst du es nun auch regelmäßig her und bietest es zum Kauf an?

Heiko Kitter: Diese Brote in Baguetteform, Wurzelbrot oder Ährenbrot, haben eine zartsplitternde, leicht hellbraune bis dunkelbraune Kruste mit einem frischen Brotgeruch. Man sieht, riecht und schmeckt schon die Röstarmen. Gleichzeitig kommt ein zartes, leichtes Käsearoma am langen Gaumen im Nachgeschmack oder Abgang im Schluckprozess hinzu. Das Brot ist eine Gaumenfreude mit der lockeren bis feinporigen Krume und dem luftigen, fluffigen Mundgefühl mit hohem Sättigungswert. Bei diesem Brot reicht Butter als Belag aus, und schon hat man ein tolles Geschmackserlebnis. Manche sprechen vom Gaumenorgasmus (lacht). Na klar, dazu ein kühles Bier oder auch einen guten Wein, der nicht zu viel Säure mitbringt, die die Käsearomen mindert.

Brot-Sommelier: Wie hat dein Umfeld, haben deine Kollegen in der Käserei, deine Kunden in der kleinen Hofkonditorei und -bäckerei auf den Abschluss reagiert?

Heiko Kitter: Man war erstaunt, dass ich noch mit 57 Jahren als Brot-Sommelier die Prüfung bestanden habe; nochmals dieses ganze Lernen und der Prüfungsstress. Für meine Kundschaft, Nachbarn und verschiedene Gaststätten backe ich nur auf Vorbestellung am Wochenende. So, wie ich Lust, Liebe und Zeit habe.

Welche Projekte hast du unter dem Titel Brot-Sommelier schon umgesetzt und welche Ideen hast du noch im Hinterkopf?

Heiko Kitter: Ich probiere jetzt noch verschiedene Käsesorten beim Brot aus. Aber ich habe auch neue Ideen im Konditorbereich. Von Restaurants habe ich Nachfragen zu gemeinsamen Events wie Kochen, Brot und Käse vorliegen und im Gespräch auch schon Termine im Herbst vereinbart; hinzu kommen Backkurse auf dem Hofgut, Backkurse mit mir als Bäckermeister und Brot-Sommelier.

Als letzte Frage: Was ist dein persönliches Lieblingsbrot und welches der Käse, den du am liebsten isst?

Heiko Kitter: Das beste Brot ist meine Bergkäsekreation, bei der man sagen kann, so schmeckt das Allgäu. Das Allgäuer Heimatbrot! Aber eigentlich mag ich jedes gute, handwerklich hergestellte Brot der Handwerksbäckereien. Brote, die mit Mehl, Wasser, Salz, Hefe sowie Zeit für den Teig und Liebe zum Beruf hergestellt wurden.

Mehr Brotgenuss gefällig? Der Beitrag über Tim Lessau beschäftigt sich auch mit dem Thema, welches Brot zu welchen Speisen passt. Wer sich lieber dem Käse widmen will, findet im Interview spannende Einblicke in die Arbeit einer Diätassistentin und Käsesommelière.

 


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Datum: 02.10.2018


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