In der Welt der Ernährung gibt es einen aufstrebenden Star: Microgreens. Die zarten Pflänzchen zwischen Keimling und ausgewachsener Pflanze erobern nicht nur Gourmetküchen, sondern zunehmend auch heimische Teller. Voller Aroma, Farbe und Nährstoffe sind ein echter Genuss und lassen sich ganz einfach selbst anbauen.
Was sind Microgreens?
Microgreens sind junge, essbare Pflanzentriebe, die aus den Samen von Gemüse-, Kräuter- oder Getreidearten gezogen werden. Geerntet werden sie in einem sehr frühen Wachstumsstadium – meist zwischen dem siebten und einundzwanzigsten Tag nach der Keimung, sobald sich die ersten echten Laubblätter nach den Keimblättern zeigen. Verzehrt werden ausschließlich die oberirdischen Pflanzenteile – also Stängel und Blätter, nicht die Wurzel. Sie zeichnen sich durch eine feine, oft intensiv aromatische Textur, kräftige Farben und eine hohe Konzentration bioaktiver Inhaltsstoffe aus.
Microgreens, Sprossen und Kresse: kleine Pflanzen, große Unterschiede
Auf den ersten Blick wirken Microgreens, Sprossen und Kresse wie Varianten derselben Sache – junge Pflanzentriebe eben. Doch die Unterschiede in Anbaumethode und Erntezeitpunkt bestimmen maßgeblich ihre jeweiligen Eigenschaften.
Sprossen (z. B. Mungbohnen- oder Radieschensprossen) werden ohne Erde und überwiegend im Dunkeln gezogen. Sie keimen innerhalb weniger Tage und werden vollständig mitsamt Wurzel verzehrt. Durch das feuchtwarme Klima bei der Aufzucht gelten sie hygienisch als besonders sensibel.
Kresse, insbesondere Gartenkresse (Lepidium sativum), ist weitverbreitet und wird klassischerweise auf feuchtem Küchenpapier oder Watte gezogen – ebenfalls ohne Erde. Auch sie wird in einem sehr frühen Stadium mitsamt Wurzel geerntet. Da sie kaum Licht benötigt, zählt sie ebenfalls zu den Dunkelkeimern und wird in dieser Form botanisch eher den Sprossen zugeordnet.
Microgreens hingegen wachsen unter Lichteinfluss auf Erde oder einem anderen Substrat. Geerntet wird nur der oberirdische Teil – also Stängel und Blätter. Erst mit dem Erscheinen der ersten echten Blätter entfalten sich die sortentypischen Aromen und Nährstoffe. Durch die Photosynthese entwickeln Microgreens ein differenzierteres Geschmacksprofil sowie eine deutlich höhere Konzentration an Mikronährstoffen im Vergleich zu Sprossen.
Übrigens: Kresse kann auch als Microgreen kultiviert werden, wenn sie in Erde oder einem geeigneten Substrat angebaut und unter Lichteinfluss gezogen wird, bis sie die ersten echten Blätter entwickelt. Diese Methode intensiviert den Geschmack und den Nährstoffgehalt der Kresse.
Warum Microgreens Superfood-Status verdienen
Microgreens gelten nicht ohne Grund als nährstoffreiche Kraftpakete. Mehrere Studien haben gezeigt, dass sie – bezogen auf das Frischgewicht – deutlich höhere Konzentrationen an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen enthalten als ihre ausgewachsenen Pendants. Besonders auffällig ist dieser Effekt bei Sorten wie Rotkohl, Koriander, Amaranth oder Brokkoli.
Eine Untersuchung des USDA (2014)1 ergab beispielsweise, dass Rotkohl-Microgreens bis zu 147 mg Vitamin C pro 100 g aufweisen – ein Wert, der selbst Zitrusfrüchte übertrifft und weit über dem der reifen Pflanze liegt.
Diese Ergebnisse wurden in einer aktuellen Studie von 2025, veröffentlicht in Scientific Reports2, bestätigt und differenziert. Die Forschergruppe untersuchte sechs gängige Microgreen-Arten, darunter Brokkoli, Erbse, Sonnenblume und Rote Bete. Das Ergebnis: Besonders Brokkoli-Microgreens überzeugten durch eine hohe antioxidative Kapazität sowie einen signifikanten Gehalt an Eisen, Calcium, Mangan und Flavonoiden.
Die Kombination aus hoher Nährstoffdichte, schneller Verfügbarkeit und geschmacklicher Vielfalt macht Microgreens nicht nur für gesundheitsbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv, sondern auch für Lebensmittel-Unternehmen und Ernährungsfachkräfte. Als funktionale Zutat in Smoothies, Bowls oder Snacks könnten sie gezielt ernährungsphysiologische Akzente setzen.
Microgreens anbauen und direkt verwerten – so einfach geht’s
Die Welt der Microgreens ist erstaunlich vielfältig. Über 25 Arten sind verfügbar, darunter Brokkoli, Rucola, Radieschen, Erbsen, Basilikum und Koriander. Jede Sorte bringt ein einzigartiges Geschmacksprofil mit sich – von süß über scharf bis hin zu bitter. Diese intensiven Aromen und die leuchtenden Farben machen Microgreens zu einem beliebten Element in der Küche, sowohl als Garnitur als auch als Geschmacksträger. Und das Beste: Sie lassen sich ganz einfach zuhause kultivieren. Für den Einstieg braucht es nicht mehr als eine flache Anzuchtschale, passendes Substrat (z. B. Anzuchterde oder Kokosfaser) und keimfähige Samen. Wer es bequem mag, greift zu einem Komplettset – erhältlich in verschiedenen Varianten, etwa mit Brokkoli, Radieschen oder Sonnenblume. Innerhalb von sieben bis 21 Tagen wachsen daraus vitaminreiche Jungpflanzen, die ohne Düngen, Umtopfen oder Pikieren auskommen.
Direkt weiterverarbeitet bringen sie frische Aromen und reichlich Vitalstoffe auf den Teller. Denn ihr volles Aroma und ihre Nährstoffe entfalten Microgreens optimalerweise roh. Daher fügt man sie am besten kurz vor dem Servieren hinzu – z. B. als Topping für Bowls oder Rührei, in Sandwiches oder aufs Butterbrot. Oder man verarbeitet sie in Smoothies oder Omelettes. Besonders schmackhaft sind sie auch als Dip oder Pesto zu Brot und Pasta. Rezeptinspiration gibt es hier.
Microgreens anbauen: Schritt für Schritt zum grünen Erfolg
1. Substrat einfüllen: Eine flache Schale (z. B. Kunststoffbox, Keimschale oder Keramikform) zwei bis drei Zentimeter hoch mit feuchter Anzuchterde oder einer nährstoffarmen Kokos- oder Hanfmatte befüllen.
2. Aussäen: Die Samen dicht und gleichmäßig auf der Oberfläche verteilen und leicht andrücken – nicht mit Erde bedecken, es sei denn, es handelt sich um Dunkelkeimer.
3. Feuchtigkeit & Licht: Mit einer Sprühflasche befeuchten und je nach Sorte entweder mit einem Deckel (Dunkelkeimer) oder Frischhaltefolie (Lichtkeimer) abdecken. Ein heller Standort – idealerweise auf der Fensterbank – sorgt für optimales Wachstum.
4. Pflege: Täglich prüfen, ob das Substrat feucht bleibt. Staunässe vermeiden – gleichmäßige Feuchtigkeit reicht völlig aus. Sobald die Keimlinge aufrecht stehen und sich die ersten Blättchen zeigen, kann die Abdeckung entfernt werden.
5. Ernte und Genuss: Nach etwa einer bis drei Wochen – je nach Sorte – erreichen die Microgreens eine Höhe von rund 10 bis 15 Zentimetern. Nun können sie etwa zwei Zentimeter oberhalb des Substrats mit einer sauberen Schere geerntet werden.
Habt ihr euch schon gefragt, was man mit diesen Mini-Zitronen machen kann, die einem aktuell in der Gemüse- und Obstabteilung im Supermarkt begegnen? Dann lest hier, was sich hinter diesem Trend verbirgt.
- Xiao et al., USDA Agricultural Research Service, 2014 ↩︎
- Scientific Reports, Nature Portfolio, 2025, DOI: s41598-025-85860-z ↩︎