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Die Gerüchteküche rund um Soja: Was hat es mit den Mythen auf sich?

Aufklärung von Soja-Mythen

Wissenschaftliche Gesellschaften, z.B. die DGE, empfehlen, vorwiegend pflanzenbetont zu essen. [1] Dazu zählen Hülsenfrüchte wie die Sojabohne. Soja ist vor allem in der asiatischen sowie der vegetarisch-veganen Küche sehr beliebt. Doch neben den positiven Eigenschaften der protein- und fettreichen Bohne ranken sich auch viele Mythen um diese. Wir klären auf!

Zum Hintergrund: Die Sojabohne ist eine Hülsenfrucht, die nicht nur eine großartige Nährstoffzusammensetzung besitzt, sondern auch sogenannte Phytoöstrogene, genauer Isoflavone, enthält. Und um die wird ganz schön Wind gemacht! Isoflavone sind erst einmal einfach gelblich gefärbte sekundäre Pflanzenstoffe. Die wichtigsten Isoflavone im Soja sind Genistein, Daidzein und Glycitein. Aufgrund ihrer Struktur, die der des weiblichen Sexualhormones Östrogen ähnelt, wurden die Isoflavone des Sojas häufig als „pflanzliches Östrogen“ bezeichnet. [2] Hieraus entstanden allerlei Gerüchte und der Sojabohne wurde unberechtigterweise ein wirklich schlechter Ruf verpasst. Stimmt das denn alles, was man so liest? Mit drei der Gerüchte rund um Soja räumen wir heute einmal auf:

Gerücht 1: „Soja enthält Hormone!“

Nein – Soja enthält Isoflavone. Dazu zählen Genistein, Daidzein und Glycitein. Sie besitzen eine Östrogen-ähnliche Struktur, weshalb ihnen der Name Phyto-Östrogene oder auch pflanzliches Östrogen verpasst wurde. Sie deshalb aber als Hormon zu bezeichnen, ist nicht richtig. Tatsächlich können Isoflavone durch ihre ähnliche Struktur mit unseren körpereigenen Östrogen-Rezeptoren interagieren und einen schwachen Östrogen-ähnlichen Effekt auslösen [3.1], allerdings konnte bisher keine Beeinflussung des endogenen Östrogenspiegels durch Isoflavone aus Lebensmitteln gezeigt werden [2.1, 2.2]. Der Begriff selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren ist daher treffender und wird weniger schnell missverstanden. [2, 3]

Gerücht 2: „Soja hilft bei Wechseljahresbeschwerden!“

Tatsächlich konnte festgestellt werden, dass asiatische Frauen weitaus weniger Wechseljahresbeschwerden aufweisen als Frauen in westlichen Industrieländern. Ein Grund dafür könnte der Sojakonsum sein, der in Asien pro Kopf weitaus höher liegt als beispielsweise in Deutschland. Die durchschnittliche Aufnahme von Sojaisoflavonen durch Sojaprodukte liegt in Japan bei ca. 20–60 mg/Tag. In den USA und Europa liegt die Aufnahme wiederum bei weniger als 3 mg/Tag.

Wechseljahresbeschwerden sind vielfältig und noch dazu sehr individuell, weshalb die Aussage „hilft bei Wechseljahresbeschwerden“ erst einmal kritisch betrachtet werden sollte. Was Meta-Analysen allerdings zeigen konnten, ist, dass die Aufnahme von Isoflavonen (v.a. Genistein) die Häufigkeit von Hitzewallungen in der Menopause reduzieren kann. [3.2, 3.3] Man vermutet, dass der regelmäßige Konsum von Sojalebensmitteln und die damit verbundene hohe Zufuhr von Sojaisoflavonen durch deren Ähnlichkeit mit Östrogen den Hormonabfall in der Menopause auffangen kann. [2.3] Weiter gibt es Hinweise darauf, dass auch Frauen mit prämenstruellem Syndrom von Sojaisoflavonen profitieren könnten.

Gerücht 3: „Soja zerstört die Männlichkeit!“

Das wohl extremste Gerücht zu Soja. Feminisierung, negativer Einfluss auf den Testosteronspiegel, verminderte Spermienqualität – reißerische Schlagzeilen gibt es zur Genüge. Doch auch hier kann entwarnt werden: Aus der aktuellen Datenlage lässt sich schließen, dass der Verzehr von Sojalebensmitteln oder Isoflavonen sich nicht negativ auf den Hormonstatus von Männern auszuwirken scheint. Studien zeigen keinen Effekt von Sojalebensmitteln oder isolierten Isoflavonen auf die Testosteron-Konzentration bei Männern und auch keine Veränderungen des Gesamttestosterons, des freien Testosterons, Östradiol und Östron nach dem Konsum von Sojalebensmitteln oder Isoflavonen. [3.4] Das bedeutet, dass es erst einmal keinen Hinweis darauf gibt, dass Soja Männer feminisieren könnte.

Zwischen natürlich vorkommenden Isoflavonen und isolierten Isoflavonen in Nahrungsergänzungsmitteln muss unterschieden werden. Für Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen können aufgrund der dünnen Datenlage bisher keine sicheren Zufuhrempfehlungen gemacht werden.

Quellen:

[1] Gut essen und trinken – die DGE-Empfehlungen | DGE

[2] https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2019/03_19/EU03_2019_M160-M169.pdf

[2] https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2019/06_19/M354_M362_EU06_2019_getrennt.pdf

[2.1] Fritz H, Seely D, Flower G et al. (2013) Soy, red clover, and isoflavones and breast cancer: a systematic review. PLoS ONE 8: e81968

[2.2] Douglas CC, Johnson SA, Arjmandi BH (2013) Soy and its isoflavones: the truth behind the science in breast cancer. Anti-Cancer Agents in Medicinal Chemistry 13: 1178–1187

[2.3] Xiao Y, Zhang S, Tong H et al. (2017) Comprehensive evaluation of the role of soy and isoflavone supplementation in humans and animals over the past two decades. Phytother Res 32: 384–394

[3] https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/Branchenverzeichnis/Danone/2022_09_Alpro_Soja_Kompendium.pdf

[3.1] Messina M, Mejia SB, Cassidy A, Duncan A, Kurzer M, Nagato C, Ronis M, Rowland I, Sievenpiper J, Barnes S. Neither soyfoods nor isoflavones warrant classification as endocrine disruptors: a technical review of the observational and clinical data. Crit Rev Food Sci Nutr. 2021 Mar 27:1-57. doi: 10.1080/10408398.2021.1895054

[3.2] Chen MN, Lin CC, Liu CF. Efficacy of phytoestrogens for menopausal symptoms: a meta-analysis and systematic review. Climacteric. 2015;18(2):260-269. doi: 10.3109/13697137.2014.966241.

[3.3] Franco OH, Chowdhury R, Troup J, Voortman T, Kunutsor S, Kavousi M, Oliver-Williams C, Muka T. Use of Plant-Based Therapies and Menopausal Symptoms: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. 2016 Jun 21;315(23):2554-63. doi: 10.1001/jama.2016.8012

[3.4] Reed KE, Camargo J, Hamilton-Reeves J, Kurzer M, Messina M. Neither soy nor isoflavone intake affects male reproductive hormones: An expanded and updated meta-analysis of clinical studies. Reprod Toxicol. 2021 Mar;100:60-67. doi: 10.1016/j.reprotox.2020.12.019. Epub 2020 Dec 28.


Genug von der Gerüchteküche! Wer jetzt Hunger auf Fakten bekommen hat, dem servieren wir mit unserer neuen Storyteller-Kolumne ein ganzes Menü!



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Datum: 28.05.2024



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