Foodtopia – so lautete das Thema des diesjährigen House of Food Trendtags der Bauer Media Group. Am 13. Juni wurden wir in Hamburg in die Zukunftswelt der Ernährung entführt. Einen Tag lang ging es um Trends, Nachhaltigkeit, Regionalität, Gesundheit und alles im Hinblick auf unsere Zukunft.
Foodtrends & Nachhaltigkeit
Dr. Axel Kölle vom Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke (ZNU) sprach über ein Thema, das, wenn es um die Zukunft geht, nicht wegzudenken ist: Nachhaltigkeit. Doch was versteht man unter diesem Begriff, der mittlerweile inflationär in den Mund genommen wird? Das ZNU versteht darunter hauptsächlich das nachhaltigere Wirtschaften, mit dem man Verantwortung für Mensch und Tier übernimmt. Unterteilt wird es dabei in die drei Dimensionen Ökonomie, Sozial und Ökologisch. In einer nachhaltigen Strategie für Unternehmen sollten immer alle drei Dimensionen betrachtet werden; und das entlang der kompletten Wertschöpfungskette.
Bei den nachhaltigen Foodtrends zählt Dr. Axel Kölle die uns bekannten Klassiker „transparent“, „regional/lokal“ und „saisonal“ auf. Pflanzenbetont und bewusster wird die Ernährung der Zukunft und klimaneutral, so die Prognose des ZNU; immer mit dem Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. Unternehmen, die sich dieses Themas annehmen wollen, müssen Folgendes bedenken: Nachhaltigkeit braucht Zeit. Erst denken, dann handeln und messen und erst dann kommunizieren. Wer das richtig macht, kann Nachhaltigkeit auch als Innovationsmotor nutzen und bestehende Produkte überarbeiten. Dr. Axel Kölle schließt seinen Vortrag mit einem Appell: „Begeistern Sie Ihr berufliches Umfeld für das Thema Nachhaltigkeit und zeigen Sie, dass es Spaß macht.“
Regional, Nachhaltig, Gesund
Unter diesen drei Schlagworten berichtete Dr. Johannes Stegmann von der Rewe Group, wie sie selbst die Trendthemen der Zukunft umsetzen. Laut einer Umfrage sind 51 Prozent der Rewe-Käufer regionale Produkte wichtig. Laut den Befragten kaufen sie regional, um zum einen die Region zu unterstützen, und zum anderen haben sie ein besseres Wohlbefinden mit den Produkten. Sie wünschen sich daher eine hohe Transparenz im Handel. Rewe setzt neben den 30 Prozent regionaler Produkte im Markt auf regionales Marketing. So werden in kleinen Spots Landwirte aus der Region und die Kaufleute der Rewe-Märkte vorgestellt, postleitzahlgenaue Gewinnspiele durchgeführt, regionale Rezepte konzipiert und 150 verschiedene regionale Newsletter versendet. Ein Aufwand, der sich scheinbar lohnt, denn die Kampagne wird auch in Zukunft weitergeführt.
Beim Thema Nachhaltigkeit arbeitet die Rewe Group mit vier verschiedenen Säulen: Grüne Produkte, Mitarbeiter, Energie, Klima, Umwelt, gesellschaftliches Engagement. Dr. Johannes Stegmann stellt nur eines der vielen Projekte vor, bei dem es um die Vermeidung von Plastik ging. So werden Alternativen zu Plastiktüten in der Obst- und Gemüseabteilung angeboten und die Plastikverpackung von einzelnen Gemüse- und Obstsorten reduziert. An diesem Punkt gibt es jedoch eines zu bedenken, was auch Dr. Axel Kölle in seinem Vortrag zuvor zur Sprache brachte. Es gibt immer zwei Seiten, die betrachtet werden müssen. Plastik schützt die Lebensmittel und trägt dazu bei, dass sie länger haltbar sind. Werden aufgrund fehlender Plastikverpackung mehr Lebensmittel weggeworfen, ist in Sachen Nachhaltigkeit nichts gewonnen.
Beim letzten Thema, der Gesundheit, fokussierte sich Dr. Johannes Stegmann auf die Ambitionen der Rewe Group, den Gehalt an Zucker in ihren Eigenmarken weiter zu reduzieren. Wir erinnern uns sicher alle an die Kampagne „Du bist Zucker – wie viel Süße brauchst du noch“, bei der Endverbraucher den Zuckergehalt der Schokopuddings selbst bestimmen konnten. Die meisten Stimmen erhielt übrigens der Pudding mit -30% Zucker und ersetzt seit Mai 2019 den Originalpudding. Rewe überprüft bis 2020 alle Produkte der Eigenmarke auf den Zuckergehalt und reduziert diesen. Dabei werden immer wieder die Kunden mit einbezogen.
Das nächste große Ding: Lebensmittel
Wer könnte besser über Foodtopia sprechen, als der Futurologe Max Thinius? Er zeigte in seinem Vortrag die Welt, wie sie 2030 aussehen könnte, wo Lebensmittel auf uns und unsere Bedürfnisse maßgeschneidert werden, wir mittels zahlreicher Datensammlungen immer wissen, was unser Körper gerade so braucht. Und auch Lebensmittel einen Datensatz an Informationen über Saatgut, Bodenbedingungen, Sonnenlicht während des Wachstums, Ernteablauf bis hin zu einzelnen Nährstoffen in spezifischen Produkten erhalten. Ob man nun von dieser Art Datensammlung und Transparenz begeistert ist oder nicht, sie wird kommen, denn nachfolgende Generationen ticken einfach anders. Sie forschen nach, wollen wissen, woher das Fleisch kommt, das auf ihrem Burger liegt, oder wie der Braumeister dieses Craftbieres heißt, und ob die Blaubeerpflücker ihres Müslis gute Arbeitsbedingungen haben. Und dabei geht es nicht mehr nur darum, eine Geschichte zu erzählen, sondern diese auch nachweislich zu leben. Storytelling ist wichtig, aber die Story muss stimmen.
Max Thinius erklärt an den Beispielen Craftbier und Burger, warum genau diese Produkte plötzlich so viel Erfolg haben, obwohl es Bier und Hamburger schon immer gab. Besonders das neuartige Denken, Einbeziehen der Online-Community und der Austausch untereinander sowie die unschlagbare Transparenz sind hier die Haupterfolgsfaktoren. Max Thinius zeigt aber auch, dass Menschen immer mehr versuchen, neben der Digitalisierung den Bezug zur realen Welt zu wahren. So ist es im Silicon Valley derzeit furchtbar in, selbst Hühner zu halten. Es gibt sogar eine eigene Webseite für das Projekt. Er unterstreicht dieses Phänomen mit einem Zitat von Koch René Redzepi: „Essen wird über lange Sicht das sein, was uns im Zeitalter der immer schnelleren Digitalisierung noch mit der analogen Welt verbindet“.
Food vs. Fashion
Lebensmittel als das nächste große Ding, so betitelt Max Thinius seinen Vortrag und zeigt anhand der Hashtag Entwicklung von #fashion und #food, dass Food über kurz oder lang Fashion überholen wird auf Social Media und damit auch in den Köpfen der Menschen. Food wird auch durch Magazine auf eine neue Ebene gehoben und immer mehr in den Mittelpunkt des Lebens gerückt. Ganz nach dem Motto: Du bist, was du isst. Und wenn schon Modemarken wie adidas diese Entwicklung bemerken, muss wohl etwas dran sein. Denn der neue Player in der Foodindustrie heißt: adidas. Mit sogenannten signature dishes will die Modemarke auch in der Gastronomie Erfolg haben. Gestartet wird mit Flagshipstores, die dann in ein Franchisesystem verwandelt werden. Eventuell essen wir also bald Pasta und Co. made by adidas.
Noch mehr Foodtrends? Wir haben den Foodreport 2020 von Hanni Rützler unter die Lupe genommen.