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Hard Seltzer: knallharter Umsatzbringer oder weichgespülter Trend?

Der Begriff Hard Seltzer, also kohlensäurehaltiges Wasser, meist mit einem Hauch Fruchtgeschmack sowie einem perfekt ausbalancierten Alkoholgehalt, ist nicht neu in der Branche, sondern ein Phänomen, das seinen Markteintritt bereits 1993 in den USA feierte. Damals kreiert von der amerikanischen Biermarke Coors und als Marke Zima in den Regalen platziert. Der Biergigant war mit seinem Neuprodukt jedoch seiner Zeit und vor allem dem Verbrauchergeschmack weit voraus. Für den sprudeligen Alkohol kam das Aus aufgrund zu geringer Nachfrage nur wenige Jahre später. 2008 nahm Coors die Innovation wieder vom Markt.

Hard Seltzer, die Zweite

Es rumorte aber irgendwie weiter in den Köpfen der amerikanischen Getränketüftler und so kam Anfang 2013 die Marke SpikedSeltzer in Boston zum Vorschein. Entwicklungshelfer für diese Marke waren zwei Gründer, die durch die Mineralwasserliebe ihrer Ehefrauen inspiriert wurden – so verkünden dies zumindest Experten aus den USA. Wie bei seinem Vorgänger wusste der Handel zunächst nicht so richtig, wie das neue Getränk eingestuft und platziert werden sollte. Nach einem anfänglich holprigen Start verbuchten die Macher bereits zwei Jahre später einen Absatz von einer Viertel Million Kisten, ein Volumen, das auch bei Branchengrößen nicht unbemerkt geblieben ist. So riss sich Anheuser-Busch 2016 SpikedSeltzer unter den Nagel und verleibte es sich unter der Marke Bon & Viv ins Imperium ein. In den USA wird 2019 als das Jahr von Hard Seltzer bejubelt mit einem satten Umsatzwachstum von 200 Prozent. Von 2019 auf 2023 sollte sich der Verkauf verdreifachen, so eine Prognose, die noch vor der Coronakrise ausgerufen wurde und sich nun selbst überholt hat. Denn wie The Spirits Business berichtet, wird dies nun schon 2021 weit überschritten. Wo sich 2013 gerade mal zehn Marken tummelten, konnten Verbraucherinnen und Verbraucher 2021 bereits unter über 100 Marken wählen, berichtet Dickie Kamini, Beverage-Spezialistin bei CleverFish consulting, im Rahmen des Brewers of Europe Forums. Hard Seltzer hat damit die US-amerikanische Ready-to-drink-Kategorie auf ein anderes Level katapultiert. Alles schön und gut in Übersee, aber wie schaut es aktuell in Deutschland aus?

Hier in Deutschland war die Begeisterung verhalten und lange dachte keiner daran, dass das harte Wasser bei deutschen Konsumentinnen und Konsumenten je einen Blumentopf gewinnen würde. Wir als Food-PR-Agentur waren auch länger skeptisch und haben uns die Entwicklung in Ruhe angesehen. Klar ist zum jetzigen Zeitpunkt, Hard Seltzer ist gekommen, um zu bleiben, und durchaus profitabel. Diese wohl meist zitierte Meinung von Carlos Brito, CEO der Brauereigruppe Anheuser-Busch, im Kontext Hard Seltzer teilen heute auch erste deutsche Unternehmen. Branchenkenner hingegen wiegeln noch ein wenig ab und wollen sich so kurz nach dem Markteintritt noch nicht durchgängig auf ein verbindliches Hochjubeln des harten Wassers festnageln lassen. Grund genug für uns, mal genauer hinzuschauen.

Was genau ist Hard Seltzer?

Die eigenständige Getränkekategorie Hard Seltzer zeichnet sich durch ein kohlensäurehaltiges, auf Fermentationsbasis hergestelltes Getränk aus. Es schlägt in der Regel mit circa fünf Prozent Alkohol zu Buche (deshalb auch die Bezeichnung „Hard“), ist kalorienarm (meist nur knapp 100 Kalorien je 100 Milliliter), nahezu zucker- und glutenfrei und in der Regel vegan. Das relativ neutrale Produkt wird mit unterschiedlichsten Fruchtaromen geschmacklich aufgepeppt. Damit trifft es den Nerv der heutigen Partygesellschaft, bestehend aus der Generation Z und den Millennials, sehr gut, die auf weniger Alkohol und damit leichtere Drinks setzt und dem Produkt trotz Alkohol einen gewissen Gesundheitstouch unterstellt. Sie wollen sich was Gutes tun, ein besonderes Geschmackserlebnis haben, aber gleichzeitig nicht auf Alkohol verzichten. Und Hard Seltzer bietet genau dies.

How to make Hard Seltzer?

Hergestellt werden kann Hard Seltzer auf drei verschiedene Arten. In den USA wird es in der Regel ähnlich wie ein Bier in einem Brauprozess hergestellt, natürlich ohne Hopfen und Malz. In Wasser gelöster Zucker, vom Rohrzucker über Trauben- oder Fruchtzucker sowie Mais- oder Malzzucker, wird erwärmt und durch Hefe zu Ethanol und Kohlendioxid verstoffwechselt. Nach dem Filtervorgang werden natürliche Aromen zugesetzt und das Produkt mit karbonisiertem Wasser aufgemischt. Ein Prozess, den auch einige der deutschen Anbieter bevorzugen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Hard Seltzer auf der Grundlage von Wein oder Spirituosen herzustellen. Als weitere Version kann durch Destillation gewonnener Neutralalkohol verwendet werden, der durch kohlensäurehaltiges Wasser sehr stark verdünnt wird. Bei allen Versionen ist der Zugabe von geschmacksgebenden Komponenten keine Grenze gesetzt, von Frucht über Gemüse bis hin zu Kräutern und Gewürzen ist alles möglich.

So schaut es auf dem deutschen Hard-Seltzer-Markt aus

Das hört sich alles in allem sehr trendig und zeitgemäß an. Warum ist das neue Produkt in Deutschland also nicht vom Start weg senkrecht auf die ersten Plätze der Getränkecharts gesprungen? In den USA ist das Trendgetränk fast ausschließlich in der Dose zu kaufen, ein Gebinde, das in Deutschland bekanntlich kein so positives Image hat. Daher präsentieren sich einige der deutschen Marken in Glas-Mehrweg. Aber Nachhaltigkeit hin, Pfandsystem her, setzt sich auch hierzulande die 0,33-Liter-Dose für das Ready-to-drink-Produkt durch. Ein weiterer Hinderungsgrund, der den Enthusiasmus ein wenig bremst, könnte die noch unklare Definition für die Kategorie Hard Seltzer hinsichtlich verbrauchssteuerrechtlicher Fragen sein. Wenn man nach dem Zoll geht, fällt Hard Seltzer unter das Alkopopsteuergesetz, solange es einfach durch das Mischen von Alkohol mit Mineralwasser hergestellt wird. Aber es ist ja nicht ausgeschlossen, dass es auf Grundlage einer Fermentation gewonnen wird und sich damit lediglich der Alkoholbesteuerung nach dem Alkoholsteuergesetz (AlkStG) beugen musss. Nach aktuellem Stand ist noch keine Definition fixiert und ob Hard Seltzer langfristig gesehen den Alkopops zugeordnet werden kann oder nicht, lässt sich somit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht prognostizieren, gibt die GetränkeZeitung den momentanen Stand wieder. Sicher ist jedoch, dass nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher das Trendgetränk spannend finden und annehmen, sondern auch die Gastronomie ein gesteigertes Interesse an dem Mischgetränk hat, das so gut in den Zeitgeist passt und sich aufgrund der vielfältigen Geschmacksrichtungen als toller Foodpairing-Partner eignet.

Es tummeln sich daher schon einige Marken auf dem deutschen Hard-Seltzer-Markt. Neben großen, bekannten Marken wie Gorbatschow, die mit Green Lime, Wild Berry und Fizzy Grapefruit drei Geschmacksrichtungen in der 0,33-Liter-Dose im Sortiment haben, nutzen auch kleinere Player wie die Brauerei Lemke aus Berlin den Trend des harten Wassers. Brauer Oliver Lemke gründet die Marke „Maelt“ und steigt gleich mit vier Sorten in den boomenden Hard-Seltzer-Markt ein. Die neuen Getränke gibt es in den Geschmacksrichtungen Limette, Holunder, Ingwer-Grapefruit und Guarana mit einem Alkoholgehalt von 4,5 Volumenprozent in einer schmalen 0,33-Liter-Dose. Sie alle sind frei von Süßungs- und Säuerungsmitteln sowie vegan, gluten- und laktosefrei. Ob groß oder klein, wir sind gespannt, wie sich die Kategorie weiterentwickelt und sie sich am Markt etabliert.

Wer sich für schäumende Trendgetränke interessiert, der kann sich in diesem Beitrag informieren, was aus der Ahoj-Brause geworden ist und wie es eine Marke geschafft hat, generationsübergreifend von sich reden zu machen.


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