Lila Lebensmittel – und nein, wir meinen hier nicht die Schokolade von den lila Kühen – haben es in sich. Heidelbeeren, Pflaumen, Feigen, Weintrauben, Auberginen, Rotkohl, rote Zwiebeln … die Liste ist länger, als man meint. Natürlich gehören sie allesamt zur Liga der Superfoods, also der Justice League oder den Avengers im Lebensmittel-Universum. Keine Frühjahrsdiät, keine Verjüngungskur, keine Anti-Krebs-Ernährung kommt ohne die violetten Superhelden aus. Aber warum sind sie eigentlich lila, und was ist ihre spezielle Superpower?
Die Superkräfte der lila Lebensmittel
Beide Fragen lassen sich mit einem Wort beantworten: Anthocyane. Das sind sekundäre Pflanzenstoffe, die die intensive Färbung verursachen. Sie verhindern, dass zu viel UV-Strahlung ins Innere der Pflanzen vordringt und dort Schäden anrichtet. Gewissermaßen sind sie ein natürlicher Sonnenschutz, der durch seine leuchtende Farbe auch noch Insekten anlockt und so bei der Fortpflanzung hilft. Und was gut für die Pflanze ist, ist auch gut für den Menschen … nicht, dass wir bei der Fortpflanzung auf Insekten angewiesen wären. Aber vom Schutzmechanismus der Anthocyane profitieren auch unsere Zellen.
Lila Lebensmittel versus freie Radikale
Jede Superhelden-Geschichte braucht auch einen Bösewicht. In unserem Fall sind das die freien Radikale; besonders reaktionsfreudige Moleküle in unserem Körper, die vereinzelt nicht weiter gefährlich sind. In größeren Ansammlungen machen sie jedoch Stress, sogenannten oxidativen Stress, der unsere Zellen schädigt und im Zusammenhang mit einer Reihe von Krankheiten steht.
Aber zum Glück gibt es ja die Gegenspieler der freien Radikale: Antioxidantien, zu denen auch die Anthocyane aus lila Lebensmitteln gehören. Sie „fangen“ freie Radikale, indem sie mit ihnen reagieren und sie auf diese Weise neutralisieren. Anthocyane helfen somit nicht nur, bestimmten Krankheiten wie Krebs vorzubeugen, sondern sollen auch den Alterungsprozess verlangsamen. Neben ihrer Tätigkeit als Radikalfänger wird Anthocyanen noch nachgesagt, dass sie die grauen Zellen auf Vordermann bringen, die Sehfähigkeit verbessern, Entzündungen hemmen, das Herz stärken und allgemein Gefäße schützen. Wahre Superhelden eben.
50 Shades of Purple
Bei der Auslegung, was noch als lila durchgeht, darf man beim Obst- und Gemüseeinkauf ruhig großzügig sein. Anthocyane stecken nämlich mehr oder weniger auch in bläulichen, schwärzlichen, rötlichen sowie orange- und rosafarbenen Lebensmitteln. Dazu zählen unter anderem Süßkartoffeln, schwarze Johannisbeeren, Brombeeren, Holunderbeeren, Himbeeren, Radieschen, Kirschen, Granatäpfel und Blutorangen. Und ja, auch Rotwein. Ob dieser selbst in geringen Mengen trotz hohem Anthocyangehalt noch einen gesundheitsfördernden Effekt hat, ist allerdings höchst umstritten.
Die lila Welle – von Ube bis Erbse
Lila ist Trend. Ultraviolett ist sogar die Trendfarbe 2018. Und da lila Lebensmittel ausgesprochen fotogen sind, erfreuen sie sich bei Fotografen und Bloggern größter Beliebtheit. Dabei steht auch das Lilafärben von Kuchen, Gebäck und anderen Süßigkeiten hoch im Kurs. Einen Namen gemacht hat sich hierbei die purpurne Yamswurzel aus Südostasien, genannt Ube. Mit diesem Farbwunder lässt sich alles so intensiv Lila färben, dass es komplett künstlich aussieht. Aber ganz natürlich, natürlich.
Dank des Hypes um lila Essen wird auch unser heimisches Obst und Gemüse zunehmend violetter. Blumenkohl, Erbsen, Kartoffeln, Spargel, Karotten … zum Teil alte, vergessene Sorten, zum Teil eigens herangezüchtete Varianten. Aber Achtung: einige Lebensmittel werfen sich quasi nur den entsprechenden Umhang um und sind darunter nicht viel anders als ihre Artgenossen. Kohlrabi zum Beispiel, den gibt es auch in lila, und er ist in dieser Optik auch sehr hübsch anzuschauen. Nach dem Schälen ist er aber genauso grün hinter den Ohren, wie sein Bruder und schmeckt auch nicht viel anders. Isst man die Schale mit – wie bei der Aubergine – ist das natürlich etwas anderes. Hier profitiert man von den enthaltenen Anthocyanen der lila Hautschicht. Aber bei Obst und Gemüse, das ganz vom Purpur durchdrungen ist, kann auch die Aubergine nicht mithalten.
Wer ist der Superheld unter den Superhelden?
Wer ist also der Superman der lila Lebensmittel-Liga? Der stärkste im Kampf gegen freie Radikale? Zeit, um sich besonders intensiv gefärbte Protagonisten einmal genauer anzuschauen. Im Rennen um den Titel stehen Heidelbeeren, Rote Bete, Urkarotten und Acaibeeren.
Heidelbeeren
Als Spitzenreiter in puncto Anthocyanen wird oft die Heidelbeere genannt, die mit einem besonders hohen Gehalt des sekundären Pflanzenstoffs glänzt. Außerdem liefert sie Magnesium, Eisen, Vitamin B6 und Vitamin C. Schon mal nicht schlecht für den Anfang.
Rote Bete
Rote Bete kann bei so einer großen Menge Anthocyanen nicht mithalten, bietet dafür aber eine ganz andere Wunderwaffe: Betanin, ein Farbstoff mit gleichsam antioxidativer Wirkung und nicht minder imposanter Leuchtkraft. Er wird sogar von der Lebensmittelindustrie als Zusatzstoff eingesetzt, um Tomatensuppen oder Erdbeereis appetitlich einzufärben. Reich an Vitamin B, Kalium, Eisen und Folsäure ist Rote Bete nebenbei auch noch.
Urkarotte
Kommen wir zur Urkarotte. Im Gegensatz zu manch anderem Gemüse, das bewusst auf lila getrimmt wurde, war die Urkarotte schon immer so. Man hatte sie nur schon fast vergessen und jetzt im wahrsten Sinne des Wortes wieder „ausgebuddelt“. Ihren neumodischen orangefarbenen Kollegen hat sie neben den Anthocyanen auch einen deutlich höheren Carotingehalt voraus. Und der ist bei herkömmlichen Karotten schon höher als bei jedem anderen Gemüse. Carotin ist die Vorstufe von Vitamin A, und das schützt Augen und Haut.
Acaibeere
Der letzten Kandidatin, der Acaibeere, werden seit einiger Zeit ganz besondere Superkräfte zugeschrieben – Falten soll sie glätten und überflüssige Pfunde dahinschmelzen lassen. Das mag etwas viel des Guten sein, aber tatsächlich ist sie beim Anthocyangehalt unschlagbar, da kommt auch die Heidelbeere nicht mit. Neben Vitaminen und Mineralstoffen enthält sie außerdem essenzielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Leider ist nur die Haut essbar, die etwa 10 Prozent der Frucht ausmacht. Der Rest ist ein ungenießbarer Kern.
Ist die Acaibeere also der Superman und das gesündeste Lebensmittel der Welt, weil sie so viele Anthocyane enthält? Bei all den Lobpreisungen, die über die kleine unscheinbare Frucht aus Südamerika kursieren, möchte man es fast glauben. Doch Lebensmittel und deren Wirkungen in unserem Körper sind um ein Vielfaches komplexer als das ganze Marvel- und DC-Universum zusammen. Und Lila ist längst nicht die einzige Farbe, die es hier zu berücksichtigen gilt.
Gesund ist kunterbunt
Durch die einzigartigen Superkräfte, die lila Lebensmitteln zugeschrieben werden, haben sie es sogar zu einer eigenen Diät gebracht. Mit der „Lila-Diät“ soll Mariah Carey nach der Geburt ihrer Zwillinge die Schwangerschaftskilos wieder losgeworden sein. Während der Diät werden von morgens bis abends nur noch Lebensmittel in Lilatönen konsumiert. Da schrillen natürlich die Alarmglocken eines jeden Ernährungsexperten hell auf. Bei einer solch einseitigen Ernährungsweise ist der Nährstoffmangel vorprogrammiert. Lila Superpower hin oder her, am stärksten ist man doch mit vereinten Kräften. Kommen alle Farben bunt gemischt auf den Teller, können freie Radikale und andere Schurken eh einpacken. Da braucht sich auch der Kohlrabi nicht schämen, dass er eigentlich grün ist. Gesund ist er trotzdem.
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