Was steckt hinter ATI und FODMAP?
Hieß es früher noch salopp „jedes Böhnchen ein Tönchen“, weiß man heute, dass hinter Symptomen wie Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall mehr stecken kann. Dank dem neuesten Stand der Forschung wird ein immer differenzierterer Einblick in die Ursachen möglich. Brandaktuelle Diskussionen beschäftigen sich mit bestimmten Proteinen und vergärbaren Zuckern als Schuldige. Da sich die Neuigkeiten quasi direkt von Forschungseinrichtungen in Publikumszeitschriften, Foren und Blogs weiterverbreiten, wird schnell klar: Das bewegt Darm und Menschheit.
ATI
Wenn der Genuss von Brot oder Backwaren kein Genuss mehr ist, sondern unangenehme Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall zur Folge hat, haben Betroffene meist als Erstes das im Weizen und anderen Getreidesorten enthaltene Gluten im Verdacht. Zeigt ein Test beim Arzt jedoch, dass weder eine Glutenunverträglichkeit, eine sogenannte Zöliakie, vorliegt, noch eine Weizenallergie die Ursache sein kann, sind viele im ersten Moment ratlos. Zöliakie liegt tatsächlich bei nur 1 % der deutschen Bevölkerung vor. Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall plagen jedoch deutlich mehr. Mögliche Übeltäter sind ATI: Amylase-Trypsin-Inhibitoren. Sie sind oft der Grund für die (Selbst-)Diagnose Weizensensitivität oder Glutensensitivität oder etwas umständlicher formuliert: Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität.
Bei ATI handelt es sich um Proteine, die im menschlichen Körper an bestimmte Rezeptoren andocken und eine Stimulierung des angeborenen Immunsystems verursachen. Diese leichte Aktivierung des Immunsystems und die damit einhergehende Entzündungsreaktion im Darm können bei chronisch erkrankten Menschen Symptome hervorrufen. Für gesunde Menschen ist sie aber unbedenklich.
ATI kommen in Weizen sowie in anderen glutenhaltigen Getreidesorten vor, wie Roggen, Gerste, Dinkel, Emmer und Einkorn. Anders als bei einer Zöliakie, bei der schon kleinste Mengen Gluten gefährlich sein können, werden jedoch geringe Mengen ATI in der Regel von Betroffenen vertragen. Hier gilt: Die Dosis macht das Gift.
FODMAP
Von einem Reizdarmsyndrom wird gesprochen, wenn Schmerzen und Unwohlsein im Bauchraum zusammen mit einer Veränderung der Stuhlgewohnheiten einhergehen, die nicht auf strukturelle oder biochemische Ursachen zurückzuführen sind. Zwar ist es keine tödliche Erkrankung, aber da es 50 % der Krankenbesuche einer Gastroenterologie betrifft, ist klar: Das liegt vielen schwer im Magen.
Neueste Forschungen zeigen anhand mehrerer Untersuchungen, dass der Ausschluss bestimmter Zucker Symptome des Reizdarmsyndroms reduzieren kann. Die Rede ist von FODMAP. Die Abkürzung FODMAP steht für „fermentable oligo-, di- and monosaccharides and polyols“, also vergärbare Mehrfachzucker, Doppelzucker (wie Laktose), Einfachzucker (wie Fruktose) und Zuckeralkohole (Süßstoffe).
Viele Therapeuten empfehlen die low-FODMAP-Diät inzwischen als Behandlungsmethode. Die Wirksamkeit der Diät scheint gesichert, kritische Stimmen sehen jedoch den Placebo-Effekt nicht ausreichend ausgeschlossen. Die Diät selbst gliedert sich in drei Phasen:
Zunächst wird über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen auf alle FODMAP-haltigen Lebensmittel verzichtet. Kommt es zu einer Besserung, wird zu einer langfristig FODMAP-armen Ernährung geraten. In der zweiten Phase sollten wieder einzelne FODMAP-haltige Lebensmittel in die Diät einbezogen und auf Verträglichkeit getestet werden. Ziel ist es, den Speiseplan schrittweise zu erweitern und gezielt die unverträglichen Lebensmittel auszumachen, um in der dritten Phase dauerhaft auf diese zu verzichten. FODMAPs sind vor allem in laktosehaltiger Milch und laktosehaltigen Milchprodukten enthalten, in Lebensmitteln mit hohem Fruchtzuckergehalt, wie Äpfel, Honig und Fruchtsäfte, in Hülsenfrüchten und auch in manchen Getreide- und Gemüsesorten. FODMAP-arme Lebensmittel sind zum Beispiel laktosefreie Milch, Mandeldrinks und bestimmte Obst- und Gemüsesorten, Reis, Hafer, Quinoa, Eier, Fisch und Fleisch. Bevor eine Umstellung auf eine entsprechende Ernährung erfolgt, sollten andere Optionen medizinisch überprüft und ausgeschlossen werden. Um eine Mangelversorgung an Nährstoffen zu vermeiden, sollte darüber hinaus zu Beginn eine Ernährungsfachkraft zurate gezogen werden.
Dass man beim Essen unbedingt auf seinen Bauch hören sollte, ist auch das Kernelement des Ansatzes „Intuitives Essen“. Hier könnt ihr lesen, was es damit genau auf sich hat.