Als Oecotrophologin und Brot-Sommelière nehme ich in unserer Kolumne Brotkrümel Ernährungsmythen über Brot unter die Lupe.
Wer abnehmen möchte, sollte bekanntlich nach 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr essen, richtig? Als wüssten Kohlenhydrate, wie viel Uhr es ist. Wissen sie natürlich nicht. Aber weiß der Körper durch seine innere Uhr, wie spät es ist, und schiebt die Scheibe Brot nach 18 Uhr direkt in die Fettpolster? Natürlich auch nicht. Woher kommt also die Idee, dass man zum Abnehmen auf Brot, Nudeln & Co. am Abend verzichten sollte? Populär wurde dieser Ansatz durch Dr. Detlef Papes Diätbestseller Schlank im Schlaf. Zugegebenermaßen das schönste Versprechen, das die Diätwelt je hervorgebracht hat. Die Theorie dahinter: Wenn der Körper abends keine Kohlenhydrate mehr bekommt, muss er nachts die Fettreserven anzapfen. Nur arbeitet die Fettverbrennung nachts auch nicht anders als tagsüber. So gesehen ist es schon mal egal, um wie viel Uhr Kohlenhydrate gegessen oder eben nicht gegessen werden. Und wissenschaftliche Belege für einen dauerhaften Abnehmerfolg durch irgendeine Form von Low-Carb-Ernährung fehlen auch. „ABER!“ – denkt jetzt wahrscheinlich der eine oder andere Leser, „ich kenne doch jemanden, der abends keine Kohlenhydrate mehr gegessen und dadurch abgenommen hat!“ Mag sein. Aber fragen Sie diese Person mal, was sie denn dann gegessen hat, wenn nicht Kohlenhydrate. Einen Salat mit einem Stück Fisch oder magerer Hähnchenbrust? Nachtisch gab es sicher nicht, denn alles, was süß ist, enthält Zucker, also Kohlenhydrate. Die Chips vorm Fernseher waren natürlich auch tabu. Merken Sie was? Wer abnehmen möchte, kommt nicht darum herum, weniger Kalorien aufzunehmen, als er verbraucht. Um welche Uhrzeit diese Kalorien zugeführt werden, ist nicht entscheidend. Eine gute Nachricht für alle Freunde des Abendbrots: Für die Bikinifigur braucht niemand auf eine köstliche Scheibe frisches Brot verzichten, und zwar zu keiner Tageszeit. Schlank wird man leider nicht im Schlaf, sondern mit wachem Verstand, wenn man bewusste Entscheidungen trifft. Wie beispielsweise die Entscheidung, dass ein Nachschlag nicht mehr sein muss, wenn man eigentlich schon satt ist. Oder dass die angestaubten Laufschuhe mal wieder ausgeführt werden könnten.
Wer noch weitere Fragen rund um ernährungswissenschaftliche Aspekte im Hinblick auf Brot hat, die in der Kolumne mal besprochen werden sollten, kann diese gern an branchentreff@kommunikationpur.com schicken.
Dieser Beitrag erschien erstmalig im BÄKO-magazin.
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