Der Titel des neuen Kochbuchs von Foodbloggerin und Fotografin Nileen Marie Schaldach, die leidenschaftlich gerne kocht, backt und die eigenen Rezepte auf ihrem Foodblog „Schätze aus meiner Küche“ mit toll inszenierten Fotos regelmäßig veröffentlicht, hat mich erst einmal irritiert: Schwäbisch Crossover. Das sind zwei Wörter, die meines Erachtens so gar nicht zusammenpassen; eigentlich bei jedem Schwaben nur ein Kopfschütteln hervorrufen. Genau wie sie bin auch ich in Schwaben groß geworden und sofort nach dem Abitur in den Großraum München gezogen. Linsen mit Spätzle gehören in der neuen Heimat Bayern nun zu meinen Lieblingsgerichten, was ich früher niemals gedacht hätte. Je länger ich aber in Bayern bin, desto mehr weiß ich ein paar der traditionellen Gerichte aus Schwaben zu schätzen, koche sie aber eben immer ganz klassisch. Ich habe mich daher auch wahnsinnig über das Revival der Alblinsen vor ein paar Jahren gefreut, die früher im Winter in jedem schwäbischen Haushalt mindestens einmal pro Woche auf den Tisch gekommen und in keiner Weise mit den viel bekannteren Tellerlinsen vergleichbar sind. Durch die steigende Nachfrage werden die kleinen, runden, nussig schmeckenden Alblinsen auf der Schwäbischen Alb wieder vermehrt angebaut. Mit Alblinsen werden Spätzle mit Linsen einfach so, wie ich sie von früher kenne. Aber Linsen sollen beim Kochbuch-Check nun nicht die Herausforderung sein, sondern der Klassiker Maultaschen! So, und nun soll ich Maultaschen essen, die mit Zutaten aus der griechischen, japanischen oder schwedischen Küche zubereitet werden? Na, ich weiß nicht. Aber man soll ja für alles offen sein und auch mal über den Tellerrand schauen.
Maultaschen-Challenge in der eigenen Küche
Der Grundteig ist nach der Anleitung aus dem Kochbuch schnell zubereitet (wobei ich immer das obere Ende der angegebenen Empfehlung, also vier statt drei EL Olivenöl genommen habe) und gut gelungen. Ich bin Nileens Vorschlag gefolgt und habe gleich die gesamte Menge gemacht und dann die übrigen Maultaschen fertig gekocht auf Vorrat in passenden Portionen eingefroren. Ich habe mich für zwei Varianten entschieden: griechisch und schwedisch; also mit jeweils einer Füllung auf Blattspinat-Feta-Tomaten- und Lachs-Dill-Basis. Dazu gab es natürlich ganz klassisch Kartoffelsalat, angemacht mit einer warmen Zwiebel-Senf-Essig-Öl-Gemüsebrühe, kräftig abgeschmeckt mit Salz und Pfeffer. Es hat alles wunderbar geklappt und auch toll geschmeckt. Ich bin nun überzeugt, dass es nicht immer traditionell zugehen muss in der schwäbischen Küche. Und ich war noch für zwei weitere Abendessen dank der eingefrorenen Maultaschen vorbereitet.
Da nun nicht jeder, der sich gerne mal an der schwäbischen Crossover-Küche versuchen will, Maultaschen schon einmal selbst gemacht hat, wären vielleicht Step-Fotos hilfreich gewesen, auf denen man die einzelnen Handgriffe vom Teigausrollen bis hin zur fertig gefüllten Maultasche auch für Einsteiger ins schwäbische Kochen veranschaulicht. Der Text ist super detailliert, aber mit ein paar Bildern wäre er vielleicht noch einfacher zu verstehen.
Mehrwert durch Tipps
Toll finde ich die kleinen Tipps und die persönlichen Lieblingsrezepte aus dem jeweiligen Kapitel von Nileen, die grafisch sehr schön aufgemacht auf den ganzseitigen Rezeptfotos zu finden sind. Und auch der Service am Ende des Buches, wo alle, die nicht ständig selbst kochen, sondern auch mal essen gehen wollen, auf einer übersichtlichen Karte des Großraums Stuttgart auf der hinteren Umschlagklappe Nileens getestete Restaurant- und Café-Tipps vorfinden. Wer für Gäste gerne ein ganzes Menü aus den Rezepten zusammenstellen will, der findet auf der vorderen Umschlagklappe Ideen für beispielsweise ein schwedisches, ein japanisches oder ein italienisches Menü.
Mein persönliches Fazit: Tolle gelingsichere Rezepte mit neuen spannenden Zutatenkreationen, bei denen man in der Tat sehr weit über den Tellerrand hinausblickt. Es sind viele Inspirationen auf den 128 Seiten zu finden, und für alle, die die schwäbische Küche lieben und ein wenig experimentierfreudig sind, ist das neue Buch von Nileen Marie auf jeden Fall ein Kochbuch, das in das eigene Regal gehört. Ich werde nach meiner Maultaschen-Challenge sicher noch einige andere Rezepte austesten. Wozu ich mich bei aller Begeisterung für unbekannte Geschmackserlebnisse jedoch vermutlich nie durchringen kann, sind Spätzle mit Linsen und einer italienischen Salsiccia. Irgendwo in mir sagt der gebürtige Schwabe dann doch: „Bis hierher und nicht weiter!“
Mit diesen Daten finden alle, die sich wie ich an die spannende Crossover-Küche aus Zutaten aus aller Welt und schwäbischen Grundrezepten wagen und damit eine Prise Kreativität sowie unvergleichliche Geschmacksfreuden in die schwäbische Küche bringen wollen, das neue Kochbuch aus dem Ulmer Verlag:
Nileen Marie Schaldach: Schwäbisch Crossover. Spätzle, Maultaschen & Co. einmal um die Welt; 128 Seiten; Eugen Ulmer KG; ISBN 978-3-8186-0652-7; 16,95 Euro
Wer jetzt Gefallen an ungewöhnlichen und aufregenden Rezeptkreationen gefunden hat, dem legen wir die Buchbesprechung des „A GAME OF THRONES – DAS OFFIZIELLE KOCHBUCH“ hier bei uns auf dem Blog ans Herz.