Im Restaurant bekommt man zu Beginn still und leise, manchmal auch ein wenig achtlos, einen kleinen Brotkorb hingeschoben und kann dann allein die Brotauswahl verkosten. Zu den restlichen Speisen macht sich der Service zumindest die Mühe, das Gericht namentlich anzukündigen, wenn es nicht sogar ausführlich in der Zutatenzusammensetzung beschrieben wird. Das ehemalige Lebensmittel Nummer eins, Brot, ist hierzulande zu einer Nebensächlichkeit geworden, zu einem Teil eines Menus, der so bekannt scheint, dass man ihn nicht mehr erwähnen muss. Das sehen wir ganz anders. Brot verdient es, mit allen Sinnen verkostet zu werden. Wie das richtig geht und was ihr dazu braucht, verraten wir euch in drei Schritten in diesem Blogbeitrag.
Im Vergleich zur professionellen Verkostung vieler Lebensmittel und Getränke ist eine Brotverkostung sehr schnell vorbereitet und die meisten Utensilien, die dazu benötigt werden, sind in jeder Küche vorhanden. Brotsommelière Sandra Ganzenmüller gibt Tipps zum schrittweisen, perfekten Brotgenuss.
Schritt 1: Brotverkostung richtig planen
Mit der Auswahl des Bäckers oder vielleicht sogar mehrerer Handwerksbetriebe steht und fällt das Konzept der Brotverkostung. Wollt ihr ein Motto für das Genusserlebnis haben und euch thematisch durch eine Brotauswahl kosten? Dann findet ihr hier eine Auswahl an möglichen Themenaufhängern:
Weizen-Allerlei (geht natürlich auch mit Roggen, Dinkel oder anderen Getreidesorten)
Ihr besorgt euch bei verschiedenen Bäckern jeweils ein, zwei Weizenbrote (insgesamt nicht mehr als fünf), die euch die Fachverkäufer als ihr besonders beliebtes Weizenbrot empfehlen. Viele Handwerksbäcker haben die Zutaten und die Herstellungsweise als kleine Info vorbereitet und können euch diese mitgeben. Oder ihr macht ein Foto vom Preisschild, auf dem meist die Rohstoffe genau aufgelistet sind. Wer beides nicht findet, dem hilft das Fachpersonal gerne weiter und stellt einen Ordner mit allen Inhaltsstoffen zur Verfügung.
Von mild bis herzhaft
Ihr kauft im Fachgeschäft fünf Brote ein von einem sehr milden Weizenbrot bis hin zu einem kräftigen Vollkorn- oder Holzofenbrot.
Getreide-Karussell
Ihr bittet den Fachverkäufer, euch fünf Brote insgesamt mit jeweils einer dominierenden Getreidesorte zusammenzustellen und zu sagen, welche der Brote sehr markant im Geschmack sind, also beispielsweise sehr intensiv nach Brotgewürz duften oder eine besondere Zutat wie Leinsamen enthalten. Das ist später für die Reihenfolge in der Verkostung wichtig.
Je nachdem, wann die Brotverkostung stattfinden soll, solltet ihr die Vollkornbrote und auch die dunklen Holzofen- oder kräftigen Sauerteigbrote gern einen Tag zuvor, die milden, hellen Brotsorten am Tag der Verkostung kaufen. Vollkornbrote reifen noch ein wenig nach und ein Holzofenbrot gewinnt an Profil, wenn die röstigen Krustenaromen Zeit bekommen, auch in die Krume vorzudringen.
Schritt 2: Brotverkostung zu Hause vorbereiten
Das Wichtigste ist die Auswahl des Messers. Es sollte scharf sein und idealerweise über einen Wellenschliff verfügen. Ein großes Holzbrett und mehrere kleine Brotkörbchen oder Teller vorbereiten sowie Gläser und stilles Mineralwasser zum Neutralisieren bereitstellen. Die Reihenfolge der Brote sollte immer von hell und mild im Geschmack bis hin zu dunklen, geschmacklich intensiven, von Broten mit Hefe gebacken hin zu Sauerteigbroten gehen. Die Brote bitte nicht zuvor aufschneiden, sondern erst damit Brot für Brot starten, wenn die Verkostung gemacht wird.
Schritt 3: Genusserlebnis pur
Brot erlebt und erkundet man mit allen Sinnen. Wie fühlt und hört sich die Kruste an? Rau, mit Körnern belegt, glatt, bemehlt, rösch oder weich? Dann das Brot in der Mitte aufschneiden. Wichtig ist es, mit leichtem Druck zügig zu schneiden und nicht die Kruste einfach nach unten zu drücken. Ein Druck auf die Krume der Brothälften verrät, ob sie elastisch ist, ob sie sich samtig anfühlt, trocken oder feucht ist. Nach dieser ersten Beurteilung des handwerklichen Gesamtkunstwerks wird eine Brothälfte in Scheiben geschnitten und jeder Teilnehmer kann seine eigene Scheibe beurteilen und genießen. Wie riecht das Brot? Duftet die Kruste intensiver als die Krume? Um ein Brot in seiner gesamten Geschmacksvielfalt zu beurteilen, ist es wichtig, in einem Bissen Krume und Kruste gemeinsam zu genießen. Der erste Bissen sollte achtsam und gut gekaut werden. Wie verändert sich der Geschmack im Verlauf des Kauvorgangs? Erkennt man die Aromen, die einen zuvor in der Nase gekitzelt haben, auch im Geschmack wieder? Und zum Schluss sollte natürlich jeder noch ein persönliches Gesamturteil abgeben und sich überlegen, zu welcher Speise, zu welchem Aufstrich oder Belag das Brot seiner Meinung nach am besten passt.
Gut ist es, wenn es schmeckt.
Sicherlich werden bei den verschiedenen Broten die Meinungen am Tisch weit auseinandergehen und das ist gut so. In Deutschland gibt es über 3.200 verschiedene Brotvarianten und jeder kann so seine persönliche Lieblingssorte finden.
Wer sich tiefer in die Sensorik einarbeiten und Hintergrundwissen bekommen möchte, warum schmecken wir, was wir schmecken, dem sei unser Blogbeitrag zum Schmecken empfohlen.