Bei dem Wort Sommelier denken die meisten als Erstes an Wein. Dies war sehr lange Zeit auch berechtigt, doch seitdem 2005 der Biersommelier eingeführt wurde, sind zahlreiche neue Sommeliers in anderen Bereichen dazugekommen. In unserem Beitrag zur Historie der Sommelierausbildung haben wir bereits über die verschiedenen Sommeliers berichtet. Sie alle eint nicht nur ihre große Leidenschaft für hochwertige Lebens- und Genussmittel, sie sprechen auch eine besondere Sprache zum vielfältigen Definieren von Getränken und Lebensmitteln. Der Sommeliersprache wollen wir anhand der Beispiele Brot und Bier auf den Grund gehen und haben ein kleines Vokabular zusammengestellt – damit Sie beim Einkauf in Ihrer Lieblingsbäckerei oder in der nächsten geselligen Runde mit Fachwissen punkten können.
Brot-Tasting für Einsteiger
Beim Verkosten von Brot sollte zunächst das Aussehen bewertet werden, die inneren Werte folgen in einem zweiten Bewertungsschritt. Beim Äußeren des Brotes, also der trockeneren Randschicht, handelt es sich um die Kruste. Hier kann beurteilt werden, wie ausgeprägt die Kruste ist, welche Farbe, Struktur und Veredelung beispielsweise mit Saaten und Körnern sie aufweist. Die Rösche ist ein weiteres Qualitätsmerkmal und zeichnet den Frischezustand eines Brotes aus. Idealerweise, je nach Brotsorte, ist eine rösche Kruste weder zu mürbe noch zu spröde, sondern knusprig und zartsplittrig. Doch jeder kennt es: Je älter ein Brot ist, desto weniger knusprig ist die Krume. Dieser Vorgang wird als Altbackenwerden bezeichnet. Grund dafür ist die Wasseraufnahme von der Krume in die Kruste, denn nach dem Backen hat die Kruste einen Wassergehalt von unter 10 Prozent, während die Krume etwa 50 Prozent Wasser enthält. Dieser Unterschied gleicht sich durch die Lagerung nach dem Backen langsam aus. Wird das Brot noch länger aufbewahrt, trocknet die Kruste aus und wird fest.
Das Innere des Brotes wird als Krume bezeichnet. Welche Farbe hat die Krume? Sind sichtbare Zutaten in der Krume? Hohlräume innerhalb der Krume werden Poren genannt. Das Porenbild kann als (un-) regelmäßig, fein, klein, mittel oder grob beschrieben werden. Zudem kann man Aussagen treffen, wie sich die Krume anfühlt; ist sie beim Drucktest weich, kompakt, samtig?
Bevor wir das Brot endlich probieren dürfen, wird zunächst noch der Geruch beschrieben. Mögliche Nuancen können zum Beispiel süßlich, mehlig, nussig oder würzig sein. Oder riecht das Brot doch eher nach Hefe, Röstaromen oder Joghurt? Ist der Geruch fertig beschrieben, kommen wir nun zu meinem Lieblingsschritt: dem Geschmackstest! Neben süß oder salzig kann es auch malzig, nussig oder würzig schmecken. Schmeckt es nach Getreide, Karamell oder nach einer Röstnote? Auch die Textur des Brotes kann genauer betrachtet werden. Ist das Brot luftig oder kompakt? Ist es saftig, körnig, knusprig oder eher wattig? Wie elastisch ist es? Zu guter Letzt kann noch bewertet werden, ob das Brot gut schneidbar oder gut bestreichbar ist.
Bier richtig schmecken – ein Crashkurs
Auch beim Beschreiben von Bier starten wir mit den äußeren Werten und hören beim Einschenken bereits, ob das Bier eher ölig-langsam ins Glas fließt oder sehr spritzig auftritt. Wer sich das Glas ans Ohr hält, hört bei Bieren mit einem hohen Anteil an Kohlensäure, wie die Bläschen langsam nach oben sprudeln und zerplatzen. Dann schauen wir uns die weiße Krone an, bevor sie verschwunden ist. Schaumstabilität, Schaumvolumen und die Porengröße können wir vergleichen. Ist der Schaum fein- oder grobporig? Haftet er gut am Glas, und wie lange hält er? Und nicht zuletzt: Welche Farbe hat der Schaum? Ist er eher weiß oder bei dunkleren Bieren beigefarben?
Kommen wir nun zur Farbe des Bieres. Besonders gut können Sie diese beurteilen, wenn Sie das Glas gegen eine weiße Wand halten. Der EBC-Wert eines Bieres sagt übrigens etwas über seine Farbe aus. Denn EBC steht für „European Brewery Convention“ und ist ein internationaler Begriff für Bier, um seine Farbe zu bestimmen. Die Skala reicht von blond (4) bis zu schwarz (80). Zwischen blond und schwarz liegen natürlich sehr viele weitere Farbtöne wie goldgelb, bernsteinfarben, kupferfarben, hellbraun oder dunkelbraun.
Nicht nur die Farbe, auch die Klarheit des Bieres ist optisch von Bedeutung. Filtrierte Biere enthalten keine natürlichen Trübstoffe und haben daher einen feinen Glanz. Unfiltrierte oder naturtrübe Biere – ein Beispiel ist Hefeweizen – enthalten hingegen sichtbare Trübstoffe. Die Klarheit kann von glanzfein über opal (beginnende Trübung) bis zu gleichmäßig trüb reichen.
Ist der Schaum bereits ein wenig zerfallen, wird es Zeit für den Geruchstest. Nach kurzem Schwenken des Bieres nehmen Sie das Aroma des Bieres mit kräftigen Atemzügen auf. Riecht es kräftig, süß oder rauchig; nach Malz, Hopfen oder Karamell? Enthält es Fruchtaromen wie Banane oder Zitrone oder vielleicht Gewürzaromen wie Nelken oder Kardamom?
Nachdem Sie nun Schaum, Farbe, Trübung und Geruch bestimmt haben, dürfen Sie zur Belohnung endlich davon kosten. Aber nicht zu hastig! Wir starten mit einem kleinen Schluck. Zunächst nehmen wir den sogenannten Antrunk wahr. Ist er spritzig, weich oder schwer? Würden Sie ihn als schal oder vollmundig umschreiben? Der Körper eines Bieres schildert das Mundgefühl. Wir können hierbei zwischen erfrischend, spritzig, vollmundig, kräftig, schlank, leicht oder auch voll unterscheiden. Zum Schluss der Abgang: Hier charakterisieren wir das Bier ab dem Beginn des Schluckens. Sie können den Abgang u.a. als ausgewogen, rund, feinherb, malzig, leicht säuerlich oder auch trocken darstellen.
Übung macht den (Geschmacks-)Meister
Zugegeben: Die Sommeliersprache werden Sie nach dem Lesen dieses Beitrags noch nicht aus dem Effeff beherrschen. Beim genauen Beschreiben von Lebens- und Genussmitteln wie Brot oder Bier ist Erfahrung wichtig, um die oben aufgelisteten Eigenschaften vergleichen zu können. Hier heißt die Devise: üben, üben, üben! Für mich steht auf jeden Fall fest, dass ich lecker über ein Brot oder süffig über ein Bier in Zukunft nicht mehr sagen werde.
Für alle, die nun die „Sprache des Brotes“ erlernen möchten, haben wir die passende Buchempfehlung.