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Family Man: Bobo Widmann vom Südtiroler Batzen Bräu

Im Gespräch mit Brauereichef Bobo WidmannBobo Widmann, Brauereichef und amtierender Meister der italienischen Biersommeliers, führt sein Batzen Bräu  mit einer großen Party in das fünfte Jahr. Für uns als Food-PR-Agentur ein willkommener Anlass, um ihm und seinem Team einen Besuch abzustatten und über seine Pläne für die nächsten fünf Jahre zu sprechen. Wir wollten zudem wissen, was ihm der Titel „Italienischer Biersommeliermeister“ bedeutet und wie er sich auf die bevorstehende Weltmeisterschaft der Sommeliers für Bier  vorbereitet. Erlebt haben wir einen energiegeladenen Bierquerdenker, einen bierbegeisterten Genussmenschen und einen formvollendeten Gastgeber mit einer unglaublichen Herzlichkeit. Gemeinsam mit seinem Braumeister Christian Pichler, von Freunden auch Pitsch genannt, der übrigens gleichzeitig auch Bobos Schwiegersohn ist, lässt er uns die neuesten Bierspezialitäten verkosten, um unsere Einschätzung in Erfahrung zu bringen.

Bobo, du bist derzeit der amtierende Meister der italienischen Biersommeliers und hast dich damit für die Weltmeisterschaft der Sommeliers für Bier im September in München qualifiziert. Wie hast du dich auf die nationale Ausscheidung vorbereitet?

Bobo: Ich habe mich nicht gezielt auf die Meisterschaft vorbereitet. Biersommelier und Brauereichef zu sein, bedeutet für mich, seine Sinne in allen Facetten zu trainieren und Bier genauso wie Lebensmittel mit Genuss zu erforschen, zu erschmecken und zu erleben; und das jeden Tag aufs Neue. Dies geht nur mit einer guten Portion an Wertschätzung und Zeit dem Thema Essen und Trinken gegenüber. Ich war schon immer ein Genussmensch, einer, der gerne gegessen und gekostet hat. Das hat mir meine Mutter mit auf den Weg gegeben, indem sie mir die Begeisterung für mit Liebe zubereitete Speisen vorgelebt hat. Sie hat für uns acht Kinder jeden Tag gekocht und dabei nicht nur einen Teller Nudeln auf den Tisch gestellt. Meine Mutter hat sich immer eine Vor-, eine Haupt- sowie eine Nachspeise überlegt und darauf Wert gelegt, dass wir uns alle bewusst Zeit zum Essen nehmen.

Wie schwer war es, unter den fachlich sehr qualifizierten Kollegen als Sieger aus der Entscheidung hervorzugehen?

Bobo: Wie sehr man auch trainiert oder sensorisch geschult ist, jeder Wettkampf ist immer eine Momentaufnahme. Es kommt auf die aktuelle Verfassung an. Natürlich war es schwer, denn die Kollegen aus Italien – und wir haben über 100 Biersommeliers hier – sind natürlich allesamt sehr gute Sensoriker und Meister ihres Fachs. Daher bin ich natürlich stolz auf den Titel.

Was bedeutet der Titel für dich, und welche Veränderungen haben sich für dich dadurch ergeben?

Bobo: Selbstverständlich erzeugt ein solcher Titel eine gewisse Aufmerksamkeit. Aber genauso wichtig sind für uns Auszeichnungen und Prämierungen unserer Biere. Wenn du bei einem renommierten Wettbewerb wie beispielsweise dem European Beer Star von der Fachjury eine Medaille verliehen bekommst, weißt du, dass du auf dem richtigen Weg bist.

Wirst du dich für die Weltmeisterschaft einem weiteren speziellen Training unterwerfen? Und wenn ja, wie schaut dein Trainingsplan aus?

Bobo: Wie auch im Vorfeld zur nationalen Meisterschaft werde ich sicher gezielt bestimmte Bierstile, die ich im Alltag nicht immer auf dem Radar habe, verkosten, aber einen detaillierten Plan habe ich nicht ausgearbeitet. Ich werde versuchen, mit offenen Augen und geschärften Sinnen durch den Tag zu gehen.

Die Bierszene in Südtirol hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen. Früher war der Markt von einer führenden Brauerei dominiert, jetzt können bierbegeisterte Südtiroler auch im eigenen Land unter vielen Alternativen wählen. Welche Faktoren haben deiner Meinung nach zu der Entwicklung beigetragen?

Bobo: Es ist uns in Südtirol gemeinsam gelungen, Bier wieder eine Sichtbarkeit zu geben. Derzeit steht unser kleines Land in Sachen Biervielfalt sehr gut da; es gibt einige Gasthausbrauereien, die tolle Biere und schöne Angebote im Sinne einer positiven und vielfältigen Bierkultur haben. Hinzu kommt, dass wir mit Beer Craft  ein erfolgreiches Festival in Bozen etablieren konnten, das heuer im dritten Jahr Bierbegeisterte von nah und fern nach Bozen lockte. Zu dieser Entwicklung haben wir sicher einen Beitrag geleistet, genauso wie engagierte Getränkefachhändler  wie beispielswiese Lucas Harpf oder PUR Südtrirol. Alle Beteiligten der Branche erkennen langsam, dass ein Miteinander wichtig ist und wir nur so die Bierbegeisterung insgesamt auf ein höheres Niveau bringen können. Das macht mir echt Freude; es ist schön zu sehen, wenn die eigenen Anstrengungen Früchte tragen. Denn am Ende wollen wir alle nur eines: Südtirol für Bier begeistern.
Christian: Wir befinden uns erst ganz am Anfang eines Weges, den wir vor einigen Jahren eingeschlagen haben. Junge Leute haben heute mehr Möglichkeiten, Bier kennenzulernen. Es gibt nicht mehr nur eine Gasthausbrauerei oder nur einen Pub. Ich finde es toll, wenn ich im Gasthaus angesprochen werde, Fragen beantworten und Gäste begeistern kann. Vor ein paar Jahren haben Bobo und ich noch Basisüberzeugungsarbeit geleistet; heute gibt es nur noch wenige Händler, die nicht von der neuen Südtiroler Bierkultur überzeugt sind.

Was ist dein absolutes Yes-Projekt gewesen?

Bobo: Ganz klar, die wichtige Entscheidung für eine eigenständige Bierproduktion, die Eröffnung eines Gasthauses mit einer angegliederten Brauerei. Nur damit habe ich nun die Möglichkeit, nicht nur Bier herzustellen oder auszuschenken, sondern kann beides machen und zudem auch für den Verkauf in die Gastronomie und den Handel produzieren – also meine Bierspezialitäten über die eigenen Wände hinaus, auch über die Grenzen Südtirols hinweg, anbieten. Es war keine leichte Entscheidung vor über fünf Jahren. Ich bin ja schon sehr lange in der Bierszene Südtirols aktiv und habe sie zu einem gewissen Grad auch auf- und ausgebaut. Mein Ausbildungshintergrund hat so rein gar nichts mit Bier zu tun gehabt. Als Sportwissenschaftler hatte ich zuerst ein Fitnesscenter mit angegliederter Milchbar. Und irgendwie hat es sich dann ergeben, dass ich Ende der 1980er-Jahre das erste Pub in Südtirol eröffnet habe, für das ich ausländische Biere ins Land geholt habe. Dahinter steckte ein rein unternehmerischer Gedanke: Ich wollte nicht als xtes Pub oder als xte Bar das identische Bierangebot haben wie die Mitstreiter auf dem Markt, sondern mich biertechnisch abheben. Dabei habe ich die Marke Guinness so erfolgreich verkauft, dass ich eine Reise nach Irland gewonnen habe. In Dublin hat es dann klick gemacht. Zurück in Bozen habe ich mit einem alten PC meinen ersten Businessplan erstellt und die erste Wirtshausbrauerei in Südtirol zusammen mit einem Geschäftspartner eröffnet. Ich habe mich dann irgendwann entschieden, unser gemeinsames Projekt ganz in die Hände meines Geschäftspartners zu geben. Im Grunde hätte ich mich dann zurücklehnen und einen Schlussstrich ziehen können. Aber das wäre nicht ich. Ich habe mich mit meiner Familie beraten und mich für einen Neustart mit Batzen Bräu entschieden. Meine Familie steht nicht nur hinter mir, sondern ist mittendrin. So hat Christian spontan gesagt: Ich bin dabei. Ohne ihn hätte ich das neue Projekt vielleicht nicht gemacht. Als ehemaliger Porsche-Maschinenbauer hat er die Herausforderung angenommen und ist nun mein Braumeister – der beste, den ich überhaupt bekommen konnte. Ach ja, er fährt nun einen Fiat.

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