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Streifzug durch die Küche Finnlands: Von Elchgulasch, Rentiergerichten, Roggenbrot und Craftbier

Was wird die Küche in einem der nördlichsten Länder Europas, in Finnland, wohl so zu bieten haben? Klar, irgendwas mit Elchen, Rentieren und Blaubeeren dachte ich mir, bevor ich als Mitglied der internationalen Juryriege zum Bierwettbewerb „Best Beer of Finland“ nach Helsinki gereist bin. Sehr feingeistig und innovativ habe ich mir die Zusammenstellung der traditionellen Gerichte sowie die Entwicklungen der neuen finnischen Küche nicht vorgestellt. Allein schon wegen der sicher nicht üppig zu bekommenden Zutaten, da Finnland doch sehr weit vom restlichen Europa entfernt und der Weg für Gemüse und südliches Obst daher lang ist. Ich wurde jedoch schon in den ersten Stunden vor Ort eines Besseren belehrt.

Süßes Frühstück aus Beerenjoghurt, Beerengrütze und Müsli in FInnland.

Die finnische Küche ist von frischen Zutaten (besonders vielen Kräutern) geprägt, saisonal ausgewählt mit Achtsamkeit gegenüber der Umwelt und mit viel Raffinesse kombiniert. Und ja, die beiden Tiere, für die Finnland bekannt ist, spielen in der Küche Finnlands eine Rolle, aber eben keine tragende. So ist Rentierfleisch für viele Finnen, besonders im Süden, wo gut 40 Prozent der 5,5 Millionen Finnen leben, ein teurer Spaß und wird nur zu besonderen Anlässen gekauft und zubereitet. Natürlich servieren in der Hauptstadt Restaurants, die sich die finnische Küche als Aushängeschild auf die Fahnen geschrieben haben, Rentier in allen erdenklichen Variationen, aber mehr für touristische Gaumen als für einheimische. Im Norden hingegen, wo das Rentier auf Farmen gezüchtet wird, mag das anders ausschauen. In den Feinkostgeschäften kann man zwischen Rentiersalami und Elchpâtée als Spezialitäten wählen, aber auch diese Angebote sind eher für den Export und als Mitbringsel für Touristen gedacht.

Küche Finnlands: Fleisch, viele Kräuter, Essiggurken, Kartoffelpüree und Preiselbeeren auf einem Teller serviert.

Ein großes kulinarisches Familienspektakel muss der Start der jährlichen Krebssaison am 21. Juli um 16 Uhr sein; mit dem Glockenschlag vier Uhr tauchen überall in der Gastronomie und auf den Märkten Krebse auf, die vermutlich aber vor dem Start der eigentlichen Saison aus dem Wasser gefischt worden sein müssen. In dieser Zeit gibt es viele Familienfeste, bei denen die Krebse erst gefangen (oder vermutlich auch gekauft), dann zubereitet und gemeinsam verspeist werden. Mir wurde gesagt, dass durchaus ein traditioneller Schnaps und viel Musik dabei eine weitere Rolle spielen, und natürlich kommt der Spaß nicht zu kurz.

Foodpairing beliebt in Finnland

Besonders erstaunt hat mich die Bierszene; in mittlerweile gut 400 Brauereien werden klassische Biere, in der Regel Lagerbiere, aber auch viele Bierspezialitäten gebraut. Auf den Speisekarten der Braugaststätten und Restaurants findet man als Tipp bei den Gerichten oft ein Bier und einen Wein als passende Begleitung zur Auswahl. Überhaupt ist Foodpairing ein großes Thema, berichten Pekka Kääriäinen und Olli Majanen von der Bryggeri Helsinki, deren Brauerei am Hafen der Landeshauptstadt besonders in den Sommermonaten einen Touristenmagneten darstellt. Viele der meist im südlichen Finnland angesiedelten kleinen Craftbierbrauereien setzen zunehmend auf den Sourbiertrend und haben beispielsweise klassische Gosebiere im Programm, die sie zudem in zahlreichen Varianten modern interpretiert haben. Aber auch klassische deutsche Bierstile sind beliebt; so findet man Altbier, Weißbiere und viele unterschiedliche Pilsbiere vor. Ein Besuch wert ist in jedem Fall die gut 80 Kilometer von Helsinki entfernte Brauerei Malmgård. Sie liegt idyllisch mitten in der Natur und Besucher können neben der Brauerei auf vorherige Anfrage auch das alte Herrschaftshaus anschauen, das nur in den Sommermonaten für Touristen geöffnet ist. Bewohnt wird es nach wie vor von der Familie und meist lässt es sich der Senior nicht nehmen, selbst durch das Haus zu führen und dabei aus dem Nähkästchen der Familienhistorie zu erzählen. Im angeschlossenen Brauereiladen kann man neben den Bieren auch weitere Produkte kaufen, die auf dem Gut angebaut werden. Das Urgetreide Emmer ist ein großes Thema in Malmgård, die sehr früh auf alte Getreidesorten gesetzt haben und nun nicht nur zwei Emmerbiere brauen, sondern auch Mehle und verschiedene andere Produkte wie Emmer-Nudeln anbieten.

Emmerbier aus Finnland

Bäckereien musste ich erst ein wenig suchen, da sich viele der kleinen Handwerksbäcker eher in die Außenlagen der Hauptstadt zurückgezogen haben. Dominiert wird das Angebot von dunklen Roggenbroten, die durch einen hohen Anteil an Schrot sehr kernig, manchmal sogar ein wenig trocken anmuten. Die Finnen lieben das aber. Früher wurden die Brote, ähnlich wie in Südtirol, von den Finnen getrocknet und so haltbar gemacht. Traditionell haben die Brote nach wie vor ein Loch in der Mitte, an dem sie früher an Stangen an der Decke für spätere Zeiten aufgehängt wurden. Als Festivalschlager sind mir Roggenbrotstreifen ins Auge gefallen, die in einer großen Pfanne mit Butter und einer Knoblauchpaste geröstet und dann mit einer Knoblauchsoße als Fingerfood serviert werden.

Küche Finnlands: In einer großen Pfanne mit viel Butter werden Brotrinden angebraten.

Und Kaffee mögen sie übrigens im hohen Norden auch: Mit einem Liter des frisch gebrühten schwarzen Getränks pro Tag und pro Person sind die Finnen Meister im Kaffeetrinken und liegen damit in dieser Kategorie unangefochten an der Weltspitze. Beim Gang durch Helsinki muss man schon sehr gezielt die vielen Coffeeshops umgehen, die an jeder Ecke eine tolle Vielfalt an Kaffeespezialitäten auf der Karte haben.
Alle Informationen fußen auf meinen persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen vor Ort, sind Erkenntnisse aus Gesprächen mit Finnen und stammen nicht aus langfristig angelegten wissenschaftlichen Untersuchungen oder systematischen Vorortbefragungen. Finnland ist für jeden, der sich von der finnischen Küche selbst überzeugen möchte, ein spannendes Reiseziel, das natürlich jenseits von Essen und Trinken noch viel mehr zu bieten hat. Und tatsächlich haben die Deutschen das Land im hohen Norden in der jüngsten Zeit für sich als Reiseziel entdeckt, hat mir Terhi Hook von der finnischen Tourismuszentrale verraten. Sie selbst spricht ein fast fehlerfreies Deutsch und betrachtet Deutschland als eines der wichtigsten Länder in der finnischen Tourismusstrategie. Das Land im hohen Norden ist meiner Meinung nach nicht nur wegen der Natur einen Besuch wert, sondern auch wegen der kulinarischen Erlebnisse. Next Stopp: Finland.

In der Küche Finnlands kommen zahlreiche frische Kräuter zum Einsatz.

Lust auf die Esskultur fremder Länder bekommen? Dann liefert der Blogbeitrag über das Essen in Myanmar weitere Insider-Einblicke.

 


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