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Stang back at home: zurück in München, zurück beim Verband

Porträtfoto von Stefan StangDer Verband Private Brauereien Bayern e.V. ist die Interessensvertretung der kleinen und mittelständischen, inhaber- und familiengeführten Brauereien, die die Branchenstruktur in Bayern maßgeblich prägen. Der 55-jährige Diplom-Braumeister Stefan Stang steht seit Februar 2019 an der Spitze des Verbandes Private Brauereien Bayern e.V. und setzt sich zusammen mit dem ehrenamtlich agierenden Präsidium für die Belange der Mitgliedsbetriebe und das Image der bayerischen, privatwirtschaftlichen Brauwirtschaft ein. Ah ja? Als dies Ende November 2018 mit einer offiziellen Pressemitteilung verkündet wurde, war das natürlich eine informative Neuigkeit für die Braubranche, aber nicht unbedingt eine brisante Knallerschlagzeile. Das eigentlich Spannende daran war, dass Stang kein Unbekannter im Verband ist und nach knapp zwei Jahren Geschäftsführertätigkeit beim Institut Romeis nun die führende Verbandsleitung übernahm, wo er bereits von 2003 bis 2016 an der Seite von Dr. Werner Gloßner die Geschicke des Verbands gelenkt hat. Vielfalt war also schon sehr lange sein Bier. Als Brancheninsider ist er bestens vernetzt und hat mit seinen Projekten tatkräftig und strategisch-langfristig dazu beigetragen, dass Bier in den Augen der Verbraucher einen positiven Stellenwert bekommen hat. Eines seiner sicher öffentlichkeitswirksamsten Projekte ist der Bierwettbewerb European Beer Star (EBS). Die Brauereien, die hier mit einer Medaille in einer der über 60 Kategorien nach Hause gehen, können sich eines großen Werbeeffekts sicher sein.

Also, erst war er mal weg und nun ist er wieder da. Wie kam es dazu, dass das im Oktober 2018 neu gewählte Verbandspräsidium Stang zurück zum Verband holen konnte, nachdem der Vorgänger überraschend das Handtuch geworfen hat? So titelte zumindest eine der bekannten Informationsplattformen der Branche, www.getraenke-news.de, die Ende letzten Jahres unfassbar zügig durch die Branche gereichten News. Als Food-PR-Agentur, die in der Braubranche sehr gut vernetzt ist, haben wir mit Stefan Stang über seine Beweggründe für die Rückkehr und Vision für den Verband gesprochen. Wohin sollen sich der Verband und der European Beer Star entwickeln und welche Herausforderungen warten noch auf die mittelständische Brauwirtschaft?

Stefan, welche Argumente hatte der im vergangenen Jahr neu gewählte Präsident Georg Rittmayer im Gepäck, um dich zu einer Rückkehr zu bewegen?

Stefan Stang: Bei meinem Abschied 2016 hatte ich weder eine Rückkehr geplant, noch einen Gedanken daran im Kopf gehabt. Für mich waren die Chance und die Möglichkeiten, die mir das Institut Romeis mit der Position des Geschäftsführers geboten hat, ein absoluter Neuanfang mit vielen spannenden beruflichen Herausforderungen, der auch sehr positiv verlaufen ist. Mir wurde von Anfang an sehr viel Vertrauen und Unterstützung bei der täglichen Arbeit entgegengebracht. Es wurden große Stücke auf mich gehalten auch in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung des Instituts. Es war ein wirklicher Neustart mit allen Konsequenzen bis hin zum kompletten Umzug der Familie und dem Aufbau eines neuen sozialen Netzwerks in Unterfranken. Das möchte ich als Einstieg in die Beantwortung dieser Frage klarstellen.

Nun ja, Georg ist nach den Neuwahlen als Präsident der Privaten Brauereien Bayern angetreten und hat in den ersten Gesprächen mit meinem Vorgänger feststellen müssen, dass seine eigene Interpretation der Verbandsarbeit nicht wirklich mit der Realität, wie zu diesem Zeitpunkt die Geschäfte geführt wurden, übereinstimmten. Er kam dann sehr schnell zum Schluss, dass er wieder jemand an der Verbandsspitze braucht, der näher an den Mitgliedern und deren Problemen dran ist und agiert sowie in der Branche besser verdrahtet ist, der die Verbandsthemen versteht und wieder effektiver spielen kann. Großprojekte des Verbandes wie die Branchenleitmesse BrauBeviale oder der European Beer Star waren natürlich auch keine Fremdwörter für mich. Deshalb ist Georg an mich herangetreten. Ich war aus den genannten Gründen sein Kandidat für eine ideale Besetzung der Verbandsspitze; der Kandidat, mit dem er sich die erfolgreiche Umsetzung der Projekte im Sinne der Mitgliedsbrauereien und der strategischen Zielsetzung vorstellen könnte. Es kam für mich überraschend und ich habe mir auch Bedenkzeit genommen, um die Entscheidung, zurück zum Verband zu gehen, natürlich auch gemeinsam mit meiner Familie zu treffen. Es ist nicht so, dass man mit Mitte 50 mal schnell für zwei Jahre mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel, umzieht und dann einfach so zwei Jahre später wieder zurückzieht. Aber ehrlicherweise musste ich zugeben, dass mein Herz für die mittelständischen Brauereien und die Branche auch nach dem Wechsel nicht aufgehört hat, zu schlagen. Den Kontakt zu den Mitgliedsbrauereien habe ich durch meine Außendiensttätigkeit bei Romeis auch in der Zwischenzeit gehalten. Es gab in dieser Zeit zudem das eine oder andere Gespräch mit Brauereien, ob und was man im Versand wieder besser machen sollte und könnte. Gespräche, bei denen ich immer wieder klarmachen musste, dass ich dafür nicht mehr der richtige Ansprechpartner bin. Auch der Kontakt zu den ehemaligen Kollegen ist nie abgebrochen, da man sich natürlich auf diversen Branchenevents regelmäßig gesehen und ausgetauscht hat. All diese Gespräche hatte ich in der Entscheidungsphase natürlich auch im Kopf. So kam alles zusammen und die Entscheidung für die Rückkehr in den Verband ist gefallen. Meine Familie hatte aber das letzte Wort. Ich hätte es gut verstanden, wenn sie mich darauf hingewiesen hätte, dass ich mich zwei Jahre zuvor für einen Neubeginn entscheiden hatte und nun bitte zu diesem Schritt stehen soll.

Wie hat sich der Neustart angefühlt? Ist es ein wirklicher Neustart oder eher ein Weitermachen, wo du vor zwei Jahren aufgehört hast?

Stefan Stang: Es war ein echter, aber auch sehr positiver Neustart und kein Einfach-Weitermachen. Natürlich ist es gut, wenn du in ein Unternehmen zurückkehrst, in dem du die Protagonisten und Repräsentanten kennst; bis auf eine Ausnahme kannte ich meine neuen/alten Mitarbeiter und den Jahreszyklus des Verbandes und der Branche. Auf der einen Seite war es zwar das gleiche Unternehmen, der gleiche Verband mit der mir bekannten Zielsetzung und Anspruchshaltung der Mitglieder. Aber meine Themenfelder sind in der neuen Position nun andere; habe ich mich früher hauptsächlich damit befasst, Beratungen durchzuführen, von der Arbeitssicherheit bis hin zur Technologie, stehen heute die strategische Übersicht, die langfristige Ausrichtung des Verbands, die Weiterentwicklung der Aktivitäten entsprechend der gesellschaftlichen Trends und politische Themen auf meiner Agenda. Dementsprechend war der Neustart, ich möchte nicht sagen schwierig, aber doch herausfordernd, auch weil der Verband vom mir bekannten Erscheinungsbild und den Aktivitäten in den letzten Jahren doch ein wenig eingebüßt hat. Er hat sich einfach in vielen Dingen nicht weiterentwickelt. Nach zwei Jahren Abwesenheit und mit den Erfahrungen, die ich in meiner letzten Stelle machen durfte, verändert sich der Blickwinkel. Man geht an verschiedene Aktivitäten mit neuem Schwung und anderen Ansätzen ran. Man hat durchaus auch neue Ansichten und Gedanken zu Projekten, die man damals im Verband mitentwickelt hat. Deswegen ist dieser „Blick von außen“ sehr gut und der Neustart thematisch ein wirklicher Neustart.

Wie hat die Branche auf die News reagiert?

Stefan Stang: Durchwegs positiv, mit einer Ausnahme. An dieser Stelle möchte ich gerne einen Dank an meinen ehemaligen Arbeitgeber richten. Es kam für das Institut Romeis natürlich absolut überraschend, als ich mitten in der Aufbruchsphase den Stecker gezogen habe. Sie haben mir jedoch keine Steine in den Weg gelegt, als sie erfahren haben, welche Position ich im Verband zukünftig ausfüllen werde. Die Branche und die Mitglieder haben mich alle sehr herzlich empfangen. Der Tenor lautete durchweg: Willkommen zurück in der Familie.

Welche Pläne hast du für den Verband? Wohin wird euch die Reise führen?

Stefan Stang: Ich wünsche mir, dass der Verband wieder aktiver ist und die Themen spielt, die den Mitgliedern unter den Nägeln brennen. Ich wünsche mir, dass wir den Zeitgeist für den Verband zu nutzen wissen. Die aktuelle politische Entwicklung ist positiv für den Verband und die Themen, die im Fokus der Verbraucher, der Medien und der Politik sind, spielen unseren Betrieben in die Hände. Regionalität, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Bereiche, in denen regionalen Familienbrauereien punkten können. Ich verspreche aber auch, dass der Verband nicht nur reagiert, sondern Themen in der externen Kommunikation wieder aktiv setzt. Der Verband muss sich wieder verstärkt für die Belange der mittelständischen bayerischen Brauwirtschaft einsetzen.

Als ihr den European Beer Star (EBS) ins Leben gerufen habt, gab es als Vorbild lediglich den World Beer Cup. Jetzt poppen in jeder Ecke der Welt neue Bierwettbewerbe in rascher Folge auf und den Braumeistern wird schon ganz schwindelig, wenn sie den Stapel an Einreichungsmöglichkeiten sehen. Welches Potenzial hat der EBS im Reigen der ganzen Wettbewerbe?

Stefan Stang: Der EBS war natürlich damals, als wir ihn ins Leben gerufen haben, inspiriert von Brauereien in Deutschland und Europa, die uns als Verband klargemacht haben, dass eine Teilnahme für sie beim World Beer Cup in den USA zu viel Aufwand bedeutet. Sie wollten einen vergleichbaren internationalen Wettbewerb in Europa, besser gesagt in Deutschland. Dass der Wettbewerb nun eine solche Dimension angenommen hat, haben wir uns damals nicht erträumt. Eines der Dinge, die mir von außen kommend nun aufgefallen sind, ist der nach wie vor hohe Stellenwert des Wettbewerbs in Deutschland. Die Einsendungen von deutschen Brauereien steigen immer noch. Natürlich wird hier in der Branche wahrgenommen, dass die Ausrichtung internationaler wird. Aber die Deutschen bestreiten nach wie vor mit Abstand den Schwerpunkt bei der Anzahl der Einreichungen. Natürlich nehmen wir wahr, dass es mittlerweile sehr viele Bierwettbewerbe gibt, die teilweise versuchen, die beiden großen Wettbewerbe nachzuahmen. Es sind aber überwiegend alles Wettbewerbe mit einer anderen Zielsetzung als der des European Beer Stars, bei dem maximal drei Medaillen pro Kategorie vergeben werden. Das olympische Prinzip, dass nur die drei Besten gewinnen, wird immer das Selbstverständnis des EBS sein; daran wird sich nichts ändern. In unseren Augen sichert das die Stellung und Wertigkeit des Wettbewerbs. Natürlich zählt er damit zu den anspruchsvollsten Wettbewerben weltweit. Wenn aber eine Brauerei einen Sieg nach Hause trägt, dann ist das eine ganz wertvolle und besondere Auszeichnung. Nach 15 Jahren EBS werden wir uns natürlich, auch vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl anderer Wettbewerbe, nicht auf den bisherigen Lorbeeren ausruhen, sondern haben uns eine gezielte und strategische Weiterentwicklung sowie mehr Aktivitäten in der Außenwirkung auf die Agenda gesetzt. Ich bin überzeugt, dass wir aktuell das Potenzial des EBS noch lange nicht ausgeschöpft haben, und sehe den EBS also noch längst nicht am Ende der Reise angekommen.

Die bayerische Bierbranche ist in den letzten Jahren geprägt durch den Generationswechsel in der Brauereiführung. Erfreulicherweise übernehmen viele Junioren das Werk der Väter und stehen für eine moderne bayerische Brauwirtschaft. Wie attraktiv ist das Verbandswesen für junge Brauereichefs? Welche Chancen, aber auch Risiken siehst du hier für den Verband und welche Maßnahmen habt ihr in der Tasche, um die jungen Nachfolger an den Verband zu binden?

Stefan Stang: Natürlich muss man was unternehmen, um die jungen Unternehmer und Brauereichefs an den Verband zu binden und ihnen die Vorteile einer Mitgliedschaft vermitteln. Wir sind auch hier schon sehr früh aktiv geworden und haben bereits 2005 die Juniorengruppe ins Leben gerufen. Ehrlich gesagt ist das in meinen Augen eines unserer wichtigsten Projekte bisher gewesen, auf dessen Entwicklung ich auch sehr stolz bin. Die Zielsetzung dahinter ist, die Junioren für die Unternehmensnachfolge zu rüsten und ihnen gleichzeitig zu ermöglichen, ein großes Netzwerk an jungen Leuten aus der Branche aufzubauen, auf das sie sich verlassen und bei herausfordernden Aufgaben als Unternehmer Gleichgesinnte fragen können. Zudem führt man damit Junioren an die Themen und die lebende Struktur des Verbands heran. Jeder Verband ist nur so gut und schlagkräftig wie die aktiven Mitglieder es sind und deren Engagement im Verband. Das längerfristige Ziel dabei war es auch, die Verbandsgremien aus den Reihen der Juniorengruppe zu verjüngen und damit den Verband aufzufrischen. Das ist uns bestens gelungen. Aktuell sind bereits gut 30 Prozent aller Delegierten aus dem Kreis der Junioren und bei der letzten Wahl sind zwei aus dem Kreis der Juniorengruppe ins Präsidium nachgerückt. Wir haben das Projekt aktiv und auch sehr emotional vorangetrieben und schnell den Draht zu den jungen Nachfolgern der Brauereien gefunden. Bei den verschiedenen Treffen wurde eine breite Themenvielfalt bearbeitet. Es war und ist uns wichtig, dass wir mit den Junioren Themen angehen, mit denen sie in der Unternehmensnachfolge konfrontiert werden und wir sie als Verband damit für die erfolgreiche Nachfolge bestens rüsten. Der nächste Schritt, den wir gehen wollen, ist es, eine Jungunternehmergruppe zu gründen, in der sich alle, die bereits den Betrieb erfolgreich übernommen haben und über, sagen wir mal 40 Jahre alt sind, einbringen können. Damit schließen wir nahtlos und konsequent an die Juniorengruppe an. Die Gruppen funktionieren nach einer gewissen Anlaufzeit auch sehr gut ohne Steuerung durch den Verband über WhatsApp-Gruppen und den unterjährigen persönlichen Erfahrungsaustausch.

Was waren die ersten Aufgaben, die auf dich gewartet haben?

Stefan Stang: Ich musste mir zunächst einen Überblick verschaffen, wo der Verband Anfang des Jahres stand, welche Projekte in den vergangenen zwei Jahren in welcher Art und Intensität bearbeitet und weiterentwickelt worden sind, und wo offene, dringende Baustellen lagen. Erstes Thema, das es anzugehen galt, war die Stärkung des Mehrwegsystems durch unsere Aktion für ein „Faires Mehrwegpfand“, in dem wir für den Mittelstand gemeinsam mit strategischen Partnern in Richtung Politik agiert haben und das nach wie vor tun. Weitere Schwerpunkte sind die Neustrukturierung und Wiederaufnahme von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Organisation und strategische Weiterentwicklung unserer beiden Großprojekte European Beer Star und BrauBeviale, letzteres gemeinsam mit unserem langjährigen Partner NürnbergMesse in unserer Funktion als ideeller Träger. Neben den übergeordneten Verbandsthemen gilt es, das Tagesgeschäft zu bewältigen, und hier einige Abläufe, die in den letzten Jahren nicht mehr optimal gelaufen sind, gemeinsam mit dem Team neu zu strukturieren.

Welchen Herausforderungen steht die Braubranche generell gegenüber?

Stefan Stang: Die nächste Zeit wird sehr spannend werden, da der aktuelle Zeitgeist unseren Verbandsbrauereien mit deren Positionierung, Philosophie und Unternehmensstruktur in die Hände spielen kann. Die Aussage, Bier braucht Heimat, ist aktueller denn je. Daher sind regionale Brauereien auf dem Vormarsch und unsere Aufgabe als Verband ist es, sie beratend und kommunikativ zu unterstützen.

Und zum Abschluss noch eine persönliche Frage an dich? Worauf hast du dich bei der Rückkehr nach Oberbayern am meisten gefreut?

Stefan Stang: Auf die Nähe zu den Bergen.

Und wer wissen möchte, was Dr. Werner Gloßner, der früher den Verband als Hauptgeschäftsführer geleitet hat, also der Vor-Vorgänger von Stefan Stang war, jetzt so macht, kann dies im Interview mit ihm erfahren.

 


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