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BIOFACH 2019: Inspirationen in Gelb und die Zukunft des Biohandels

Die BIOFACH 2019 ist die 30. Auflage der Weltleitmesse für Biolebensmittel, die wie gewohnt mit der parallel stattfindenden internationalen Fachmesse für Naturkosmetik, VIVANESS, die Hallen auf dem Nürnberger Messegelände gut ausgefüllt haben. In der Frankenmetropole präsentierten in diesem Jahr rund 2.990 Unternehmen aus dem In- und Ausland die Food-, Kosmetik- und Lifestyle-Trends im Biobereich, die Verbraucher im laufenden Jahr in den Regalen vom Fachhandel sowie in den Bioecken des LEHs finden werden. Die Nürnberger Messegesellschaft rechnete mit rund 50.000 Besuchern. Die Top 5 der Ausstellerländer waren neben Deutschland mit 803 Ausstellern, Italien (402), Spanien (202), Frankreich (163), die Niederlande (121) und Österreich (104). Als Food-PR-Agentur waren wir natürlich vor Ort und haben hier unsere Eindrücke und Neuheiten zusammengestellt, die uns ins Auge gefallen und die Nase gestiegen sind. Im Gespräch mit Ausstellern, Besuchern und Meinungsführern der Biobranche sowie beim Besuch von Vorträgen haben wir uns zudem Gedanken gemacht, wie die Zukunft des Biohandels aussehen wird.

Die Messe ist in diesem Jahr wohl gefühlt ein wenig langsamer angelaufen als gewohnt; so gab es am ersten Tag noch ausreichend Plätze in den Parkhäusern und das Gedränge in den Gängen hielt sich laut Aussage einiger Aussteller in Grenzen, während sich am zweiten Tag die Branche in gewohntem Umfang auf der BIOFACH eingefunden hat.

Süß-exotischer Korianderhonig

Eine Kombination aus Bekanntem mit einem Hauch Exotic ist der an mehreren Ständen als neue Sorte vorgestellte Korianderhonig, der sich bestens zum Süßen von Currygerichten eignet und auch auf dem Brot einen würzig-süßlichen Kick an den Gaumen bringt.

Protein en vogue

Pro Protein war ein klares Statement der Branche; Protein-Pulver (die ein wenig an die Dosen in Fitnessstudios erinnerten) mit wohlklingenden Namen wie Sportlerheld oder Frühstücksheld sollen neue Zielgruppen ansprechen und auf die Bioseite ziehen. Wenn man sich durch die Reihen auf dem Neuheitenstand bewegte, konnte man beispielsweise veganes Hanfprotein, Protein Loops als vegane Frühstückscerealien, Proteineis für SuperheldINNen in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Protein-Shakes und veganes Protein-Pulver aus Bioreis entdecken.

Englischer Klassiker erobert weiter deutsche Frühstücksteller: Porridge

Ob deutsche Kinder vom GoKids Porridge genauso begeistert sind wie englische Kids, die damit als Frühstücksbestandteil aufwachsen, muss sich erst noch herausstellen. Aber die Unternehmen, die das Produkt als Convenience-Version auf der Messe vorgestellt haben, sehen in dem Klassiker aus UK durchaus Potenzial. Die Ansprache über eine trendig-bunte Verpackung ist schon mal ein aufmerksamkeitsstarker Start. Aber auch der deutsche Frühstücksklassiker aus der Kohlenhydratecke, das Brot, hat auf der BIOFACH an vielen Ständen in neuen Varianten und mit unterschiedlichen Zutaten durchaus eine Rolle gespielt.

Alles gelb, alles klar?

Kurkuma war das angesagte Trendgewürz auf der BIOFACH, so wurde es im Vorfeld kommuniziert und tatsächlich hat man schnell gelb gesehen. Tees, Müslis, Käse und viele andere Produkte haben in diesem Jahr eine Prise Kurkuma auf den Latz bekommen, wobei die Hersteller stets sehr dosiert vorgegangen sind, so dass keines der Produkte zu scharf oder zu intensiv nach dem exotischen Gewürz geschmeckt hat.

Müsli im Glas

Eigentlich hätte man da schon früher drauf kommen können! Am Gemeinschaftsstand für junge innovative Unternehmen, der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) gefördert wird und Start-ups aus Deutschland eine aufmerksamkeitsstarke Plattform bietet, war Zero Waste und nachhaltiges Wirtschaften Programm. HEYHO heißt das Unternehmen aus Lüneburg, das gebackenes Müsli, also Granola, im Glas in Bioqualität vorgestellt hat. Alle Granolas werden per Hand gemischt, auf Blechen in den Öfen geröstet und in Gläsern abgefüllt. Sie sind komplett vegan, dafür verzichtet die Manufaktur bewusst auf den Einsatz von Honig und süßt mit Agave. Mit unkonventionellen Geschmackskombinationen und den gut klingenden Namen Late Night Breakfast, Golden ChaiChai und Saltcity Original machten sie von sich reden. Mit Zutaten wie Schoko-Salzbrezeln, Lüneburger Salz, Kardamom, Ingwer, Schwarzem Pfeffer und Kurkuma versprechen die Jungunternehmen ganz besondere Geschmackserlebnisse.

Bio Patch-Work oder Bio Path-Work?

In unterschiedlichen Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurde die Zukunft der Bio-Branche thematisiert. Auf eine interessante Gedankenreise hat Frank Quiring, Mitglied der Geschäftsführung rheingold Marktforschung Institut, die Teilnehmer mitgenommen, der zwei Antriebsfedern bei Verbrauchern für den Griff nach Biolebensmitteln identifiziert und vorgestellt hat. Für Verbraucher bedeutet der Kauf und Genuss von Bio entweder den Lebensweg (Path-Work) oder lediglich einen Baustein, also eine individuelle beziehungsweise situative Genussorientierung im Gesamtkonsummosaik. Letztere kaufen gelegentlich mal vegane Sneakers oder das Biobrot sowie den Käse im Bioladen, leben jedoch ansonsten wie immer. Sie weichen also nur partiell von dem gelernten Konsum ab. Quiring bezeichnet diesen Typus als Bio Patch-Work und die Handlung als eine Art kompensatorischen Ablass: „Ich kaufe mal Bio und habe damit ein gutes Gewissen.“ Grundsätzlich hat Bio für ihn nach wie vor ein sehr großes Potential, aber im Handel muss man sich entscheiden, wie die Vermarktung strategisch angegangen wird und welchen Verbrauchertyp man ansprechen will. Bio bedient in erster Linie den bewussten Einkauf. Wachstumspotenziale liegen seiner Meinung nach vor allem in den Möglichkeiten, den Bio-Einkauf stärker als Entdeckung, als Gemeinschaftserlebnis oder sogar als cleveren Einkauf zu positionieren.

Auf alle Fälle ein guter Tag

In einem Punkt waren sich aber alle Branchenplayer, die wir getroffen und mit denen wir gesprochen haben, einig: Ein Besuch war die BIOFACH 2019 auf jeden Fall wert, um Inspiration zu finden, Ideen aufzugreifen, Netzwerke auszubauen und Innovationen zu verkosten.

„Die BIOFACH hat im Laufe der Jahre ihr Gesicht gründlich verändert – die früher so präsenten Ökofreaks sind schon seit langem die absolute Ausnahme. Bio ist in der Mitte der Wirtschaft und Gesellschaft angekommen. Geblieben ist zum guten Glück die Überzeugung aus vielerlei Gründen, mit dem eigenen Portfolio besser unterwegs zu sein als konventionelle Hersteller – fairere Bezahlung der Bauern, geringere Belastung der Anbauflächen u. a. m. Neu war für mich, was man aus der Jackfruit alles machen kann. Fazit: Der Tag war gut investiert“, zieht beispielsweise Dieter Mailänder, Inhaber der mailänder marketing foodservice fachagentur gmbh, sein persönliches Fazit.

Laut Ankündigung der Nürnberger Messegesellschaft zählten neben vegetarischer und veganer Ernährung, Proteinprodukten und Convenience (was wir genauso bestätigen konnten) auch Zero Waste zu den Trends der BIOFACH 2019. Dafür hat man jedoch sehr viele Getränke in Plastikflaschen gesehen, also besteht hier unserer Meinung nach schon noch Handlungsbedarf. Aber alles in allem war es auch für uns in diesem Jahr wieder ein inspirierender Messebesuch und wir freuen uns schon auf die Entdeckung der Neuheiten im Bioladen.

Wer sich überzeugen will, ob sich die angesagten Trends vom vergangenen Jahr auch durchgesetzt haben, kann sich unsere Einschätzung von der BIOFACH 2018 nochmal in Ruhe durchlesen.


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