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Genuss im Fokus: Expertenausbildung an der Genussakademie Kulmbach

Simon Reitmeier ist der Kopf hinter der neu gegründeten bayerischen Genussakademie Kulmbach. Die Akademie hat sich als Ziel gesetzt, Ausbildungen rund um Sommeliers besonderer Fachrichtungen zu bündeln. Ob dahinter ein politischer Sendungsauftrag oder der Wille nach einer Imageverbesserung bayerischer Lebensmittel in der Wahrnehmung der Verbraucher steht, wollten wir als branchenprägende Agentur direkt von ihm im persönlichen Gespräch erfahren.

Wann und mit welchem Ziel wurde die Genussakademie in Kulmbach gegründet?

Simon Reitmeier: Die Akademie wurde im August 2017 offiziell durch Minister Helmut Brunner eröffnet. Wir bieten interessierten Experten aus der Lebensmittel- und Getränkewirtschaft unter dem Dach der Genussakademie praxisorientierte Qualifizierungen und Workshops rund um das Thema Genuss. Fachkräfte der Ernährungsbranche finden bei uns ein umfassendes Programm von Fachkursen und -fortbildungen, in denen sie ihr bestehendes Wissen vertiefen und hinter die Kulissen der Ernährungsbranche blicken können. Der Cluster Ernährung und das Kompetenzzentrum für Ernährung bieten gemeinsam schon seit einigen Jahren die beiden Ausbildungen zum Käse- und Gewürzsommelier an.

Mit fortschreitender Umsetzung der Kurse standen wir irgendwann vor der Herausforderung, die Prüfungsmodalitäten, die Kursinhalte besonders auf dem sensorischen Gebiet, und die Anforderungen an unseren Referentenpool zu vereinheitlichen. Im Zuge dieses Prozesses ist die Idee entstanden, alle Sommelierausbildungen unter einem Dach zu bündeln und so Synergien zu nutzen. Die Idee wurde dem Ministerium nach der Absprache mit Anbietern anderer Sommelierausbildungen vorgestellt, und fiel dort auf fruchtbaren Boden. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat die Genussakademie als wichtigen Baustein in die Premiumstrategie des Ministeriums aufgenommen, zu der auch die 100 Genussorte sowie die Genussschätze, also regional produzierte Lebensmittel, gehören.

Sie haben als Institution sehr früh den Käse- und Gewürzsommelier ins Leben gerufen, noch bevor es die Genussakademie Kulmbach gegeben hat. Wie war die Resonanz auf die beiden Ausbildungsgänge und welche Bewerbungsbeschränkungen waren damit verbunden?

Simon Reitmeier: Wir haben 2012 den Käse- und 2014 den Gewürzsommelier erstmals angeboten. Beide Fortbildungen wurden sehr gut angenommen; die unglaublich positive Resonanz auf den Gewürzsommelier hat uns selbst überrascht, da wir bei der Konzeption nicht sicher waren, wie sich die Nachfrage entwickeln wird. Für die Teilnahme an den unterschiedlichen Sommelierausbildungen setzen wir eine fachliche Vorbildung sowie Praxiserfahrungen voraus. Das kann eine abgeschlossene Lehre im jeweiligen Handwerk, aber auch ein einschlägiges Hochschulstudium sein. Zudem betrachten wir jede Anmeldung individuell und schätzen die Vorbildung der potenziellen Teilnehmer ein. Wenn sich beispielsweise ein Chefredakteur eines Fachmagazins entscheidet, in seinem Themenfeld eine Weiterbildung in Form eines Sommeliers zu machen, um noch bessere Einblicke in die Thematik zu erhalten, er jedoch keinen Gesellenbrief hat, dann kann er dennoch für uns ein perfekter Teilnehmer und zukünftiger Botschafter für das Fachgebiet sein.

Welche Kriterien haben Sie bei der Auswahl der Dozenten auf der Agenda gehabt? Wer hat Sie bei der Konzeption der Ausbildungsgänge beratend unterstützt?

Simon Reitmeier: Wenn wir uns in der Recherchephase zu einem neuen Ausbildungsgang mit der Materie beschäftigt haben, wird meistens sehr schnell klar, welche Personen und Experten wir in unserem Referentenpool haben müssen, um eine Ausbildung auf höchstem Niveau anzubieten. Wir wollen natürlich immer die Besten und setzen uns dann mit den Experten in Verbindung, um wiederum ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Akademie auszutesten. Natürlich bringt nicht jeder Fachexperte auch die didaktischen Fähigkeiten für eine Dozententätigkeit mit. Daher ist die Evaluation jedes Ausbildungsgangs ein wichtiger Baustein in der Qualitätssicherung. Manche der Referenten haben wir daraufhin bei Interesse auch in Sachen Didaktik unterstützt.

Mit welchen Ausbildungshintergründen und welchen Zielen kommen die Teilnehmer zu Ihren Kursen?

Simon Reitmeier: In der Regel haben die Teilnehmer das Bedürfnis eine Produktgruppe in der ganzen Bandbreite kennenzulernen, ihr vorhandenes Wissen weiter zu vertiefen und das nicht mit einem technologischen Ansatz, sondern mehr aus dem Gedanken heraus, später Verkostungen zu geben und verbrauchergerechte Geschichten erzählen zu können. Gerade Handwerksmeister sind aktuell auf der Suche, ihre Marketingaktivitäten auszubauen und mehr über ihr Handwerk und ihre handwerklich hergestellten Produkte erzählen zu können – genau hier setzt die Ausbildung auch zu einem Großteil an.

Verfolgen Sie die Aktivitäten Ihrer Absolventen? Und wenn ja, wie nutzen die Absolventen die Ausbildung?

Simon Reitmeier: Ja, natürlich. Wir fragen nach, wie sie das angeeignete Wissen nutzen, welche Kurse sie machen und vor allem, wie die Resonanz in den Medien auf die Aktivität ist.

Bier, Käse, Gewürze und Edelbrand sind das in Ihren Augen die Lebensmittel, die für Bayern stehen? Was ist mit Milch, Kartoffeln, Mehl?

Simon Reitmeier: Wir müssen bei der Entwicklung sehr sensibel und vorsichtig vorgehen. Denn es soll nicht ausufern. Ich sehe das Thema Milch in der Ausbildung zum Käsesommelier bestens integriert, das Mehl als wichtigste Grundlage wird im Rahmen der Brot-Sommelierausbildung abgehandelt und Kartoffeln, die natürlich für Bayern ein wichtiges landwirtschaftliches Produkt darstellen, kann ich mir dann innerhalb eines noch zu konzipierenden Obst-/Gemüse-Sommeliers beziehungsweise des Veggie-Sommeliers sehr gut vorstellen. Wir müssen bei den Sommelierausbildungen darauf achten, dass es stets übergreifende Bereiche sind und wir nicht zu spezialisiert werden. Denn es stellt sich bei allem immer die Frage, inwieweit eine weitere Diversifizierung der Sommeliers für den Verbraucher noch Orientierung bieten kann.

Welche Visionen haben Sie persönlich für die Genussakademie?

Simon Reitmeier: Wir planen im Herbst 2019 einen Sommeliergipfel für alle Sommeliers. Hier setzen wir auf einen spannenden Mix aus Fachvorträgen und anderen Weiterbildungsangeboten sowie Austauschmöglichkeiten. Denn für einen Käsesommelier können sich im Gespräch mit einem Biersommelier beispielsweise neue Ideen ergeben sowie Impulse für Netzwerkprojekte gesetzt werden.

 

Wer wissen will, wie ein Brot- oder ein Biersommelier sein Wissen in der Praxis umsetzt, sollte sich den Beitrag über die Herstellung von Schüttelbrot in Südtirol oder das Interview mit Christoph Kämpf auf unserem Blog durchlesen.

Bilder: Cluster Ernährung

 


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