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WhatsApp-Videos zu Weihnachten: Oh, du Dümmliche!

Elche sind in WhatsApp-Videos zu Weihnachten häufige Protagonisten

Ein Weihnachtsmann, der nicht durch den Schornstein passt, ein betrunkenes Rentier, das „Stille Nacht“ grölt, eine freche Socke, die zu Weihnachten niemand mag, und natürlich das obligatorische Katzen-Video … Seit einigen Jahren greifen sie um sich, die Videos, die als Grüße zu Weihnachten und Silvester via WhatsApp eintrudeln. Aber wer verschickt solche Videos und warum? Und sind sie nur unerwünschte Spam oder doch eine schöne Möglichkeit, anderen eine Freude zu machen?

WhatsApp-Video statt Weihnachtskarte

Früher war sicherlich nicht alles besser, aber ein paar Sachen schon. Dazu gehört, dass man handgeschriebene Postkarten im Briefkasten hatte, wenn jemand einem fröhliche Weihnachten wünschen wollte. Heute bekommt man stattdessen ein WhatsApp-Video, die nervigste Erscheinung seit den Jamba-Klingeltönen. Wieso man diese Videos bekommt, weiß niemand, denn eigentlich finden sie alle blöd. Naja, man weiß schon, warum man sie bekommt, nämlich aus dem gleichen Grund, aus dem man eben diese Videos gleich an zehn andere Kontakte weiterleitet: Es ist einfach.

Man muss sich keine Gedanken machen, keine Postkarte kaufen, muss sie nicht per Hand beschreiben, frankieren und zur Post bringen. Man muss nur stumpf und ohne geistige Anstrengung ein paar Mal auf das Smartphone tippen und die Kontakte auswählen, die einem wegen eines solchen Videos nicht gleich die Freundschaft kündigen. Vielleicht freut sich ja einer. Es kostet ja nichts. Es schadet ja nicht. Oder?

Risiken und Nebenwirkungen von Weihnachts-WhatsApp-Videos

Schaut man sich einige dieser Videos an, könnte man schon argumentieren, dass sie zur Verdummung der Menschheit beitragen und daher durchaus schaden. Hinzu kommt der potenziell verursachte Schaden an den Nerven des Empfängers. Ob das nun die Schuld des Senders ist, der die Wirkung des Videos auf den Empfänger falsch eingeschätzt hat, oder die des Empfängers, der den vermeintlich guten Willen des Senders hinter dem Video nicht wertschätzen konnte, ist Ansichtssache. Zum Fest der Liebe kann man sich sicher darauf einigen, dass beide eine Teilschuld tragen. Angesichts der Schadenshöhe, die ja zu verschmerzen ist, wird es ohnehin nicht bis zur Gerichtsverhandlung kommen. Gegenrechnen muss man zudem, dass zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass beim einen oder anderen Empfänger tatsächlich ein positives Gefühl, ja vielleicht sogar ein Lächeln oder Lachen entsteht.

Der Karte wohnt ein Zauber inne

Zugegebenermaßen treffen auch die handgeschriebenen Weihnachtskarten nicht immer den Geschmack des Bedachten. Außerdem verursachen sie Müll. Vielleicht nicht sofort, aber spätestens beim nächsten Umzug, wenn die Postkartensammlung der letzten fünf Jahre endlich mal aussortiert wird. Das muss man den WhatsApp-Videos zugutehalten: Sie sind wenigstens umweltfreundlich. Nicht von der Hand zu weisen ist aber, dass in einer selbst verfassten und postalisch versendeten Weihnachtskarte die gute Absicht und die Mühe des Versenders sehr eindeutig zu erkennen sind und eventuelle Geschmacksverfehlungen bei der Wahl der Karte vollkommen überdeckt werden. Außerdem lächelt ja wohl jeder, wenn er den Briefkasten aufmacht und auch mal etwas anderes darin findet, als Rechnungen und/oder Werbung.

Schenkt Gehirnschmalz!

Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen: Natürlich ist es in den meisten Fällen nicht die Wahl zwischen WhatsApp-Video oder Weihnachtskarte, sondern die Wahl zwischen WhatsApp-Video und gar nichts. Deswegen soll hier auch nicht das Versenden von Weihnachtsgrüßen über Messenger-Dienste pauschal verteufelt werden. Die zunehmend blinde und gedankenlose Verbreitung solcher Videos aber schon. Damit es der Wille sein kann, der zählt, muss dieser zumindest im Ansatz erkennbar sein. Und dafür braucht es eben einen Krümel Gehirnschmalz, der investiert wurde, um darüber nachzudenken, welches Video an wen warum geschickt wird, und ob es derjenige überhaupt haben möchte.

Dämlich oder kitschig, gute Videos sind Mangelware – drei Favoriten

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber hier lässt sich trotzdem sehr pauschal sagen: Wirklich gute Videos gibt es nicht und gute sind selten. Was an bewegten Bild-Grüßen zu Weihnachten und Silvester (inzwischen ja auch schon zum Advent) verschickt wird, lässt sich nur in zwei Kategorien einteilen: die, die lustig sein sollen, aber einfach nur dämlich sind, und die, die rührend sein sollen, aber einfach nur kitschig sind.

Allerdings gibt es hier große Unterschiede und in einigen Fällen kann sowohl Dämlichkeit als auch Kitsch im richtigen Moment durchaus für Erheiterung oder Rührung sorgen. Als bei der Recherche für diesen Artikel ein Video auf meinem Bildschirm landet, in dem die Minions aus voller Brust „Jingle Bells“ zum Besten geben, während im Hintergrund meine Kollegen mit ernster Miene ihrer Arbeit nachgehen, liege ich prustend über dem Schreibtisch.

Auch das etwas andere „Glockenspiel“ sechs adretter Männer entlockt mir zumindest ein Schmunzeln.

Und schließlich finde ich sogar aus der Kategorie „kitschig“ noch ein Video über einen unbeliebten Igel, bei dem ich trotz allem immer noch vorhandenen Kitsch nicht gegen die Rührung ankomme.

Trotzdem werden bei mir dieses Jahr wieder statt WhatsApp-Videos zu Weihnachten Karten versendet.

Wer Lust auf noch mehr weihnachtliche Themen hat, erfährt hier Spannendes über die Geschichte des Lebkuchens. Und wen dann der Appetit überkommt, der begibt sich am besten im Anschluss auf einen Streifzug durch die Küche Finnlands. Auch dort geht es um Rentiere …


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Autorin: Sarah Fischer
Datum: 17.12.2018



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